Schon vor Jahren hat eine Studie von Eichhorn u. Eversmeyer (1999) gezeigt, das die totalen Fallkosten von gängigen Tracer-Operationen bei ambulanter Durchführung etwa um die Hälfte kostengünstiger sind als bei stationärer Behandlung, und dieses offenbar bei gleicher Qualität. Diese Kostenersparnis war einer der Gründe für die weltweit starke Verbreitung des Ambulanten Operierens.
Operationszahlen international
Zahlen zur Häufigkeit der Operationen wurden für Deutschland über eine Umfrage bei allen Kassenärztlichen Vereinigungen zusammengestellt (Tab.1, aus Brökelmann u. Reydelet 2005). Danach erfolgen in Deutschland 37% aller Operationen ambulant. Zum Vergleich werden die internationalen OP-Häufigkeiten aufgelistet (Tab. 2, Toftgaard 2006). Im Internationalen Vergleich rangiert Deutschland an 12. Stelle, d.h. das Ambulante Operieren ist in Deutschland unterentwickelt.
Einsparpotential
Der internationale Vergleich zeigt, dass es realistisch ist, eine Häufigkeit der ambulanten Operationen von 80% anzustreben, denn Länder wie Kanada und USA haben diese Marke schon überschritten. Dieses würde für Deutschland bedeuten, dass von den 12 669 590 Operationen des Jahres 2003 10,1 Mio Eingriffe hätten ambulant erbracht werden können bei 2,5 Mio. stationären Operationen. Da damals 4,7 Mio. Operationen ambulant erfolgten, beträgt das Einsparpotential also über 5,4 Mio. stationäre Operationen.
Der durchschnittliche Erlös pro ambulanter Operation im Krankenhaus beträgt 322,80 Euro im Jahre 2005 (Krankenhaus Barometer 2006). Die Kosten der 5,43 Mio. potentiell ambulanten Operationen hätten 1,75 Mrd. Euro betragen. Unter der Annahme, dass ambulant durchgeführte Operationen die Hälfte der stationären Eingriffe kosten, hätten die 5,43 Mio. Operationen das Doppelte, nämlich 3,4 Mrd. EUR Kosten verursacht.
Wahrscheinlich liegt dieses Potential höher, weil davon auszugehen ist, dass die bisher im Krankenhaus durchgeführten Operationen eher zu den kleineren gehörten, nicht den größeren. Größere Operationen wie z. B. die T3-Eingriffe (T7-Eingriffe sind die größten Operationen) werden am OP-Tag mit 12 790 Punkten entsprechend 653 EUR bei 5.11 Cts./Pkt. vergütet. Solche T3-Operationen z. B. können schon seit Jahren überwiegend ambulant durchgeführt werden.
Die von Eichhorn und Eversmeyer (1999) veröffentlichten Daten beziehen sich auf die betriebswirtschaftlich kalkulierten totalen Fallkosten von 1995. Da die jetzige Vergütung über DRG´s ein Vielfaches der im EBM 2000plus kalkulierten Vergütung beträgt, dürfte das Einsparpotential weit über 1,8 Mrd. Euro liegen.
Warum werden relativ wenige Operationen am Krankenhaus ambulant durchgeführt?
Eine Antwort auf diese Frage gibt Fack-Asmuth (2005), ein Kenner der Krankenhausverwaltungen. Er nennt 3 Haupt-Gründe:
Am wichtigsten ist die schlechte Vergütung von ambulanten Operationen. Dieses gilt sowohl für das Krankenhaus als auch für die Praxis.
Der 2. Grund weist auf Organisationsprobleme hin, die in Zusammenhang mit dem Chefarzt-System liegen. Hier mag auch eine Rolle spielen, dass kleine Krankenhäuser häufiger eine günstigere Kostenstruktur aufweisen als große (Clade 2005).
Bisherige Vergütung ambulanter Operationen
Die bisherige Vergütung ambulanter Operationen ist offensichtlich zu gering, sonst würde es nicht an vielen Orten Deutschlands zu Protesten und Operationsverweigerungen durch ambulante Operateure und Anästhesisten kommen. Auch die Krankenhäuser verweigern sich, indem sie potentiell ambulant durchführbare Operationen stationär behandeln, weil die DRG´s für stationäre Leistungen um ein Vielfaches höher sind als für ambulante Leistungen. Im Vergleich mit der Schweiz und den USA ist der EBM 2000plus unterbezahlt, besonders bei größeren ambulanten Operationen (Brökelmann 2005a). Betriebswirtschaftliche Berechnungen belegen, dass der EBM 2000plus nicht praxiskostendeckend ist (Brökelmann 2005c).
Diskussion
Als zukünftige Vergütungsarten für ambulante Operationen kommen in Betracht:
Bei realistischer Einschätzung der Situation des deutschen Gesundheitssystems erscheinen Fallpauschalen von der Art ambulanter DRG´s für die Basis-Operationen am sinnvollsten, da sich auch international gesehen die Vergütung über DRG´s durchsetzt. Solche DRG´s wurden in Deutschland schon vor Jahren gefordert und auch von den Partnern im Gesundheitssystem befürwortet (Brökelmann 2000a,b). Diese DRG´s könnten z.B. durch das DRG-Institut (2005) berechnet werden. Zusätzliche Vergütungsmöglichkeiten sollten für besondere Verfahren wie z. B. den kosmetischen Hautverschluss etc. ermöglicht werden, damit bei den Operationen auch der Fortschritt in der operativen Medizin und Patientenwünsche berücksichtigt werden können.
Literatur
Brökelmann J (2000a), Australisches DRG-Vergütungssystem umfasst ambulante Operationen. Deutschland wird mit der nur teilweisen Übernahme der DRG's die sektorale Trennung des Gesundheitswesens zementieren. ambulant operieren 4/2000, 172 (Webseite a-i-e)
Brökelmann J (2000b), DRGs auch für ambulante Operationen in Deutschland. ambulant operieren 4/2000, 199 (Webseite a-i-e)
Brökelmann (2005a), Vergleich EBM 2000plus mit den Gebührenordnungen RBRVS (USA) und TARMED (Schweiz). Bis zu siebenfache Vergütung in den USA. BAO-Depesche 11, Mai 2005, 14-15 (Webseite a-i-e)
Brökelmann J (2005b), Operationen werden im EBM2000plus unter Kostendeckung vergütet - Vergleich mit Schweizer Gebührenordnung TARMED, BAO-Depesche Februar 2005, 3-5 (Webseite mao-bao)
Brökelmann J (2005c), Praxiskosten der Operationen nach der Op-Blockierungszeit-Methode. ambulant operieren 2/2005, 93-95 (Webseite mao-bao)
Brökelmann J, Reydelet J (2005). Zahl der Operationen in Deutschland 2003 eine Annäherung. ambulant operieren 2/2005, 95-102 (Webseite mao-bao)
Clade H (2005). Krankenhäuser/Management: Höhere Produktivität und optimale Betriebsgrößen. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 102, Heft 48, 2. Dezember 2005, A3302-A3303 (Webseite mao-bao)
DRG-Institut (2005). (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK GmbH) (Webseite)
Eichhorn S, Eversmeyer H (1999). Evaluierung endoskopischer Operationsverfahren im Krankenhaus und in der Praxis aus Sicht der Medizin, des Patienten und der Ökonomie. Thieme Verlag Stuttgart, New York 1999.
Fack-Asmuth (2005), Warum tun sich die Krankenhäuser so schwer mit dem Ambulanten Operieren? ambulant operieren 2/2005, 76-79 (Webseite mao-bao)
Krankenhaus Barometer. Umfrage 2005. Deutsches Krankenhaus Institut (pdf)
Möller C.-P. (2005). Integrierte Versorgungsverträge ambulanter Operationen ambulant operieren 3/2005, 132-133 (Webseite mao-bao)
Toftgaard C. International Terminology in Ambulatory Surgery and its worldwide practice. IAAS Handbook 2006. in press
Tab. 1: Zahl der Operationen in Deutschland 2003
Stationär durchgeführte Operationen 7 965 293
Ambulant durchgeführte Operationen 4 704 297
Gesamtzahl der Operationen in Deutschland 12 669 590
(aus Brökelmann und Reydelet 2005)
Tab. 2: Ambulante Operationen als Prozentsatz aller Operationen und als Prozentsatz des Teilkollektivs Typische ambulante Operationen
alle Prozeduren Kollektiv
USA ? 84%
Kanada (Alberta) 87% 84%
Dänemark 55% 79%
Australien 41% 74%
Niederlande 50% 70%
Belgien 30% 69%
Norwegen 48% 68%
Schweden 50% 67%
England ? 63%
Finnland 35% 62%
Schottland 39% 62%
Deutschland 37% 61%
Spanien 28-44% 54%
Frankreich ? 45%
Hongkong ? 43%
Italien 29% 41%
Portugal 11% 19%
(aus Toftgaard 2006)