WHO: Armut ist eine politische Entscheidung

Die Weltkarte der Gesundheit deckt sich weitgehend mit der des Wohlstands

2009 +++ Nico Dragano +++ Quelle: Deutsches Ärzteblatt 1 Jg. 106 Heft 15 110. April 2009 A 709-710

Auszüge

Die Weltkarte der Gesundheit deckt sich weitgehend mit der des Wohlstands. So lautet das Fazit eines Reports zu den sozialen Ursachen von Erkrankungen.

Was soziale und wirtschaftliche Ungleichheit für die Gesundheit breiter Bevölkerungsschichten weltweit bedeutet, verdeutlicht der aktuelle Report einer von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eingesetzten Kommission zu den sozialen Ursachen von Gesundheit und Krankheit.

Deutschland bildet da keine Ausnahme. So zeigen neuere Daten, dass die Lebenserwartung in den höchsten Einkommensgruppen um bis zu zehn Jahre über der in den niedrigsten Einkommensgruppen liegt. Vergleichbare Befunde liegen für viele Erkrankungen und Gesundheitsstörungen vom Kindes- bis ins hohe Lebensalter vor.

Es ist nicht naturgegeben, dass Menschen in manchen Regionen der Welt durchschnittlich 30 Jahre früher sterben als in anderen, sondern das Produkt „einer toxischen Mischung aus ungenügender sozialer Sicherung, unfairen wirtschaftlichen Verhältnissen und schlechter Politik“, so die Kommission in ihrem Report.

Als weitere Bereiche zählt der Bericht die Wohn- und Arbeitsbedingungen der Menschen, die sozialen Sicherungssysteme und schließlich das medizinische Versorgungssystem auf.

Wichtiger als eine erschöpfende Darstellung wissenschaftlicher Evidenz ist der Kommission daher der politische Appell. Es werden zu allen Bereichen Handlungsempfehlungen gegeben, und durch eine Vielzahl von Beispielen aus aller Welt wird belegt, dass es möglich ist, soziale Ungleichheit abzubauen und dadurch gesundheitliche Verbesserungen für breite Bevölkerungsgruppen zu erreichen.

Wenn der politische Wille da ist, können einschneidende Verbesserungen erzielt werden, das ist die Hauptbotschaft des Reports.

An Ressourcen fehle es jedenfalls nicht, meint der Vorsitzende der Kommission, Sir Michael Marmot. Der Wissenschaftler rechnet vor, dass mit einem Bruchteil der Gelder, die von den Regierungen der Industrienationen für die angeschlagene Bankenbranche bereitgestellt werden, alle Slumbewohner der Welt mit sauberem Wasser versorgt werden könnten. „Armut ist eine politische Entscheidung“, sagt Marmot.