1. Nachhaltigkeit der Finanzierung - was ist das?
"Nachhaltigkeit" bei Wikipedia:
"...stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft und wurde 1713... geprägt ...bezeichnet die Bewirtschaftungsweise des Waldes, bei der dem Wald immer nur so viel Holz entnommen wird wie nachwachsen kann, so dass der Wald nie zur Gänze abgeholzt wird, sondern sich immer wieder regenerieren kann...
Der heute zentrale Begriff nachhaltige Entwicklung ist erst jüngeren Datums (1987) und wurde von der Brundtland-Kommission definiert ...bezeichnet eine Entwicklung, welche den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen."
"Nachhaltigkeit der Finanzierung" bei der Rürup-Kommission
"Nachhaltigkeit soll die Dauerhaftigkeit angemessener Leistungsniveaus angesichts veränderter ökonomischer, sozialer und demographischer Bedingungen mit der Dauerhaftigkeit eines ökonomisch funktionsfähigen, Beschäftigung wie Wachstum förderlichen und intergenerationell gerechten Finanzierungssystems verbinden."
2. Wie nachhaltig wird die Gesetzliche Krankenversicherung heute finanziert?
- hinreichende Konjunkturunabhängigkeit?
- nach Auffassung der meisten Ökonomen aufgrund der starken Fixierung der beitragspflichtigen Einkommen auf das Arbeitsentgelt nicht gegeben
- hinreichende Anreize für Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage?
- Wegen hoher Grenzabgabenlast (im Zusammenspiel mit den übrigen Regelungen im Steuer- und Beitragsrecht) negative Anreize für Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage
- hinreichende Breite der Einnahmenbasis?
- Nicht gegeben; die statistisch beobachtbare Abkopplung der BPE vom BIP wird insbesondere auch hierauf zurückgeführt
- hinreichende Demographieresistenz?
- Aufgrund der ausschließlichen Orientierung der GKV am Umlageverfahren nicht gegeben
- hinreichende Effizienz bei der Leistungserbringung?
- überwiegend werden große Effizienzreserven, sowohl innerhalb der Sektoren als auch vor allen Dingen zwischen den Sektoren, gesehen
3. Das Finanzierungskonzept des GKV-WSG und die Nachhaltigkeit
Ø
- größere Konjunkturunabhängigkeit?
- in ganz minimalem Umfang: die 5 % Kopfprämie sind nicht mehr konjunkturabhängig
- bessere Anreize für Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage?
- In ganz minimalem Umfang: die 5 % Kopfprämie weisen keine negativen Anreize für Angebot u. Nachfrage nach Arbeit auf
- größere Breite der Einnahmenbasis?
- In ganz minimalem Umfang: die 5 % Kopfprämie werden aus allen Einkünften der Versicherten finanziert (sofern sie sie trotz Überforderungsklausel komplett zahlen müssen)
- mehr Demographieresistenz?
- In ganz minimalem Umfang: die 5 % Kopfprämie belasten c.p. jüngere etwas weniger und Rentner etwas stärker als das heutige Finanzierungsmodell
- Jenseits der GKV wird Demographieresistenz durch Schwächung des Kapitaldeckungsverfahrens bei der PKV geschwächt
- mehr Effizienz bei der Leistungserbringung?
- widersprüchlich; einzelne Elemente (wie z.B. ein Ausbau selektiven Kontrahierens) verweisen in die "richtige" Richtung, andere (wie z.B. die Zentralisierungen) versperren eher das Erschließen von Effizienzpotenzialen
4. Fazit
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- Die GKV ist heute nicht nachhaltig finanziert
- Das GKV-WSG leistet nur minimalste Beiträge zur Verbesserung
- Reicht das schon für einen "Einstieg" in die Sicherung der Nachhaltigkeit der Finanzierung?
- Offenbar hat die politische Kraft für einen beherzten Einstieg in eine nachhaltigere Finanzierung nicht gereicht
- Nach der nächsten Bundestagswahl ist daher erneut die Finanzierungsreform auf der Agenda
- Nicht zwingend "Bürgerversicherung oder Kopfprämie", aber:
- Breitere Finanzierungsbasis
- Beherzter Einstieg in die Abkopplung vom Arbeitsentgelt
- Stärkung statt Schwächung von Kapitaldeckung