Professor werden? Nein danke, es lohnt nicht!

Wie der Staat mit dem Wissenschaftler-Nachwuchs umgeht und die Intelligenz ins Ausland vertreibt

2007 +++ Helmut Laschet +++ Quelle: Ärzte-Zeitung vom 8. Februar 2007

Deutsche Medizin-Professoren reiben sich verwundert die Augen. Qualifizierte Ärzte mit einem Impetus für Forschung wollen an deutschen Universitäten nicht mehr Professor werden. "Die Leute aus dem wissenschaftlichen Mittelbau gehen ins Ausland, allein das Münchner Klinikum Großhadern hat in jüngster Zeit acht Forscher verloren", klagt Professor Wolfgang Hiddemann, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin und selbst Direktor an der Münchner Ludwig-Maximilian-Universität.

Neues Besoldungsrecht - schlechtere Bezahlung

Ursächlich dafür, so berichtete Hiddemann jüngst vor Journalisten in Berlin, sei das "neue Hochschulrahmengesetz". Mit diesem Gesetz wurde - allerdings bereits vor Jahren - die Junior-Professur geschaffen. Und was Hiddemann jetzt tatsächlich erlebt, sind die Auswirkungen des geänderten Besoldungsrechts für Professoren. Aber auch das ist nicht neu. Der Kabinettsbeschluss der Bundesregierung datiert vom 3. Mai 2001.

Jetzt stellt Alt-Professor Hiddemann (für ihn gilt der gesetzliche Bestandsschutz) fest, dass der Gesetzgeber die finanzielle Ausstattung für den wissenschaftlichen Nachwuchs nach dem Kargheitsprinzip vorgenommen hat. Die neuen Junior-Professoren kommen gerade einmal auf 3000 Euro pro Monat. Ein W-2-Professor (bislang Besoldungsgruppe C 2 und C 3 mit Gehältern zwischen 3200 und knapp 5000 Euro) muss mindestens mit 3500 Euro entlohnt werden. Die Orientierung hin zu den Untergrenzen der alten Besoldung ist unverkennbares Staatsdumping.

Auch den Ordinarien (C-4-Professoren) geht es eher schlechter: Je nach Altersstufe lag ihr Gehalt zwischen 4300 und 5500 Euro, maximal bei individueller Bezahlung konnte sogar eine Dotierung von bis zu 9500 Euro ausgehandelt werden. Jetzt liegt das Mindestgehalt der obersten Besoldungsgruppe bei 4300 Euro.

Vor einem wirklichen Dilemma steht heute ein an der Uni qualifizierter noch junger Oberarzt mit wissenschaftlichen Ambitionen: Soll er sich um eine W-2-Professur bewerben, den Ruf an eine Universität annehmen? In den Geldbeutel würde das ein beachtliches Loch reißen. Denn nach den Tarifverträgen, die der Marburger Bund für angestellte Ärzte ausgehandelt hat, steht sich der Oberarzt als Professor um rund 600 Euro schlechter. Die Bezahlung von Rufbereitschaften entfällt völlig. Zwar ist gesetzlich vorgesehen, dass Professoren eine leistungsabhängige Sondervergütung gezahlt werden kann - aber deren Finanzierung ist in knappen Uni-Budgets unsicher, und sie ist auch nur zu 40 Prozent ruhegehaltsfähig.

Unzureichende politische Lobby-Arbeit

Dass der wissenschaftliche Nachwuchs in Deutschland im Vergleich zu angestellten Ärzten, die nur in der Patientenversorgung am Krankenhaus arbeiten, finanziell im Nachteil ist, bestätigt auch der Marburger Bund. Allerdings: Was die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin glauben machen will, dass dies ein neues, durch gesetzgeberische Nacht-und-Nebel-Aktion entstandenes Phänomen ist, ist ein Märchen. Die politischen Weichen dafür wurden 2001 gestellt.

Und da hat die Wissenschaftler-Lobby wohl geschlafen: "Es kann sein, dass unsere Informations-Infrastruktur bei Gesetzgebungsverfahren nicht stimmt", gesteht Hiddemann.