Qualitätsindikatoren für ambulante Operationen

Ein Projekt von BAO und medicaltex

2007 +++ Jost Brökelmann, Klaus Bäcker, Ralf Mayr, Jörg Rüggeberg +++ Quelle: ambulant operieren 3/2007,151-152

Ziel des gemeinsamen Projektes ist es, klinische Indikatoren für ambulante Operationen in die Routine einzuführen. Durch einen kontinuierlichen Vergleich der ausgewählten Indikatoren im Gesamtkollektiv (Benchmarking) soll eine stete Qualitätsverbesserung der Leistungserbringung sowie, durch Veröffentlichung der Komplikationsraten, eine bessere Transparenz für die Patienten erreicht werden.

Die klinischen Indikatoren wurden in einer Kooperation des BAO (Bundesverband für Ambulantes Operieren e.V.) mit medicaltex (Institut für Qualitätssicherungssysteme) ausgewählt. Die Auswahl erfolgte auf der Basis des AQS1-Fragebogens, der von medicaltex speziell für ambulante Operationen entwickelt wurde. Bei dem Fragebogensystem AQS1 werden Daten sowohl von der Arzt- als auch von der Patientenseite dokumentiert.  Das Qualitätssicherungssystem AQS1 ist ein praxiserprobtes Instrument, mit dem bereits mehr als 200.000 ambulante Operationen dokumentiert wurden (Gesamtkollektiv in 5/2007).

Anhand der Erfahrungen aus der Praxis, den Analysen - beispielsweise für Präsentationen auf medizinischen Fachkongressen - sowie der aktuellen Literatur werden klinisch relevante Indikatoren festgelegt und der KBV (Kassenärztliche Bundesvereinigung) zur bundesweiten Anwendung vorgeschlagen.

Klinisch relevante Qualitätsindikatoren

Voraussetzung für die Auswahl eines klinischen Qualitätsindikators ist seine messbare klinische Relevanz für Ärzte und Patienten. In der Praxis bedeutet dies, dass ein guter Indikator einerseits wesentliche medizinische Aspekte anzeigt, andererseits zur Verbesserung in der Behandlung führt. Wichtig sind die Frageformulierungen und die gewählten Antwortskalierungen, die geeignet sein müssen, Unterschiede in der Patientenversorgung zu messen.

So ist z. B. aus nationalen und internationalen Studien bekannt, dass insuffizientes postoperatives Beschwerdemanagement (u.a. postoperative Schmerzen und postoperative Übelkeit, Indikatoren Nr. 8 und 9 siehe unten) zu den häufigsten Ursachen zählen, warum ambulant operierte Patienten "notfallmäßig" einen anderen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen oder sogar stationär aufgenommen werden müssen [1-4]. Auch auf die Patientenzufriedenheit hat die postoperative Schmerzkontrolle einen deutlichen Einfluss [5,6]. Die postoperativen Beschwerden verlängern zusätzlich die Dauer des Aufenthaltes im Aufwachraum [7,8] und eventuell die Dauer der Arbeitsunfähigkeit.

Auswahl

Die folgende Liste beinhaltet 16 klinisch relevante Qualitätsindikatoren, die sich  für ambulante Operationen in Deutschland bewährt haben [9-11] und die mit dem AQS1-System gemessen werden können. Die genaue Frageformulierung und Antwortskalierung sind in den AQS1-Fragebögen enthalten (www.medicaltex.de).

Klinisch relevante Qualitätsindikatoren

  1. Ungeplante Nachoperation am gleichen Tag
  2. Ungeplante stationäre Aufnahme nach ambulanter Operation
  3. Ungeplante Krankenhauseinweisung innerhalb von 14 Tagen
  4. Wartezeit vom geplanten OP-Termin bis zum tatsächlichen OP-Beginn
  5. OP-Blockierungszeit (Ankunft des/der Patienten/in im OP bis Verlassen des OP)
  6. Zeit im Aufwachraum
  7. Arbeitsunfähigkeit nach der Operation (in Tagen)
  8. Intensität der Wundschmerzen am 1. postoperativenTag
  9. Intensität der Übelkeit am 1. postoperativenTag
  10. Möglichkeit, den Operateur/Narkosearzt jederzeit zu erreichen
  11. Notwendigkeit, nach Entlassung als Notfall, also ungeplant einen anderen Arzt aufsuchen zu müssen
  12. Ausreichende Versorgung mit Schmerzmitteln am OP-Tag (Skala)
  13. Behandlungsbedürftige Komplikation "Entzündung der Wunde"
  14. Behandlungsbedürftige Komplikation "Thrombose"
  15. Behandlungsbedürftige Komplikation "Nachblutung"
  16. Zufriedenheit mit der ambulanten Operation

Basisdaten

Für eine aussagekräftige Analyse der Qualitätsindikatoren müssen zusätzlich zu obigen Qualitätsindikatoren zumindest folgende Basisdaten von Operateur und Anästhesisten dokumentiert werden:

  1. ICD 10-Code (Diagnose)
  2. OPS-Code (Operative Prozedur)
  3. ASA-Klassifikation
  4. Anästhesieverfahren
  5. Komplikationen intraoperativ
  6. Beschwerden im Aufwachraum

Beispiele:

Die Analyse von Komplikationen oder postoperativen Beschwerden erhält erst Aussagekraft, wenn eine prozedurenbezogene Auswertung erfolgt. Anhand der Identifikation z. B. besonders schmerzhafter Prozeduren kann dann eine entsprechende Schmerztherapie (u.a. medikamentös, Lokalanästhesie) festgelegt werden.

Die bisherigen Analysen von Beschwerden im Aufwachraum und von intraoperativen Komplikationen sind Parameter, die einen wesentlichen Einfluss auf eine ungeplante stationäre Aufnahme besitzen.

Zusammenfassung

Aufgrund bisheriger Erfahrungen mit über 200.000 operierten und dokumentierten Fällen werden 16 klinische Indikatoren, die sich in der Praxis des AQS1-Qualitäts-Sicherungssystems bewährt haben, für eine bundesweite Qualitätssicherung vorgeschlagen. Die Qualitätsindikatoren beruhen auf der Datenerhebung mittels Fragebogen von Operateuren, Anästhesisten und Patienten. Die Ergebnisse des bundesweiten Vergleichs sind für Patienten von großer Relevanz und können bei der Patientenaufklärung genutzt werden.

Literatur

1.         Bäcker K, Mayr R. AQS1-Studie 2007, abstract DAC Kongress 2007. AQS1 - Qualitätssicherungssystem für ambulante Operationen und ambulante Anästhesie

2.         Bäcker K, AQS1-Studie 2007, Vortrag DGCH Kongress 2007. Ergebnisse der Qualitätssicherung mit AQS1

3.         Gold BS, Kitz DS, Lecky JH et al. Unanticipated admission to the hospital following ambulatory surgery. JAMA 1989; 262:3008-3010

4.         Beauregard L, Pomp A, Choiniere. Severity and impact of pain after day-surgery. Ca J Anaesth 1998; 45:304-311

5.         Myles PS, Williams DL, Hendrata M et al. Patient satisfaction after anaesthesia and surgery: results of a prospective survey of 10.811 patients. Br J Anaesth 2000; 84:6-10

6.         Jenkins K, Grady D, Wong J, et al. Post-operative recovery: Day surgery patients preferences. Br J Anaesth 2001; 86:272-274

7.         Pavlin DJ, Chen C, Penaloza DA, et al. Pain as a factor complicating recovery and discharge after ambulatory surgery. Anaesth analg 2002; 95:627-634

8.         Carrol NV, Miederhoff PA, Cox FM, et al. Costs incurred by outpatient surgical centres in managing post-operative nausea and vomiting. J Clin Anaesth 1994; 6:364-369

9.         Bäcker K, Mayr R. Qualitätssicherung in der Medizin, Ambulante Chirurgie 2003; 6:28-30

10.       Rüggeberg J-A, Brökelmann J. Qualitätssicherung AQS1 hat sich für das Ambulante Operieren bewährt. ambulant operieren 4;2004:151-156

11.       Brökelmann J, Mayr R. Quality Assurance and Benchmarking in Ambulatory Surgery. Ambulatory surgery 2007 (in press)

Prof. Dr. Jost Brökelmann, BAO

Dr. Klaus Bäcker, medicaltex

Ralf Mayr, medicaltex

Dr. Jörg Rüggeberg, BAO