In den letzten Jahren hat der EuGH einige richtungsweisende Entscheidungen zur Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen durch Unionsbürger im EU-Ausland gefällt und damit nachhaltig in die nationalen Gesundheitssysteme eingegriffen. Anna Englaender vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) e.V. (Beobachtungsstelle des Observatoriums für die Entwicklung der sozialen Dienste in Europa) erstellte eine Zusammenfassung der folgenden Urteile.
Rechtssache | Datum | Inhalt |
Rs. C-160/96 („Molenaar“) EuGH, Slg. 1998, I-843 |
05.03.96 | Pflegeversicherung;
Pflegegeld = Geldleistung bei Krankheit auch bei Wohnsitz im Ausland, aber keine Sachleistungen |
Rs. C-120/95 („Decker“) EuGHE 1998, I-1831 |
28.04.98 | ambulanter Sektor; Erfordernis vorheriger Genehmigung unzulässig; mögliche Rechtfertigungsgründe:
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Rs. C-158/96 („Kohll“) EuGHE 1998, I-1931 |
28.04.98 | ambulanter Sektor; Erfordernis vorheriger Genehmigung unzulässig; mögliche Rechtfertigungsgründe:
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Rs. C-368/98 („Vanbraekel“) EuGH, Slg. 2001, I-05363 | 12.07.01 | Stationärer Sektor; Anspruch auf günstigsten Erstattungstarif |
Rs. C-157/99 („Geraets- Smits u Peerboms“) EuGH, Slg. 2001, I-05473 | 12.07.01 | Stationärer Sektor; Dienstleistungsfreiheit auch bei Sachleistungsprinzip anwendbar Erfordernis vorheriger Genehmigung grundsätzlich unzulässig, aber Rechtfertigung möglich:
bezogen auf Krankenhausbehandlung: wegen der Notwendigkeit der Planbarkeit der Krankenhäuser ist Genehmigungserfordernis notwendiges und angemessenes Mittel außerdem Rechtfertigung für die an die Erteilung der Genehmigung geknüpfte Voraussetzungen: wenn objektive, nicht diskriminierende Kriterien im Voraus bekannt - übliche Behandlung = wenn diese in der internationalen Medizin als hinreichend erprobt und anerkannt angesehen sind - medizinisch erforderlich = gleiche oder ebenso wirksame Behandlung rechtzeitig in einer vertraglich gebundenen Einrichtung |
Rs. C-326/00 („Ioannidis“) | 25.02.03 | Ungeplante Krankenhausbehandlung eines chronisch kranken Rentners bei Auslandsurlaub; Genehmigungspflicht und Bedingung, dass Krankheit plötzlich auftritt, als Voraussetzung der Kostenübernahme unzulässig |
Rs. C-385/99 („Müller- Fauré u. van Riet) EuGH, Slg. 2003, I-4509 |
13.05.03 | Ambulanter Sektor und stationärer Sektor, Sachleistungsprinzip;
- Krankenhausversorgung: - Behandlung außerhalb eines Krankenhauses: Genehmigungserfordernis = Verletzung der Dienstleistungsfreiheit, dafür keine Rechtfertigung |
Rs. C-56/01 (“Inizan”) EuGH, Slg. 2004, I-12403 |
23.10.03 | Krankenhausbehandlung im Ausland;
Anwendung der Kriterien aus den Urteilen Geraets- Smits u. Peerboms und Müller-Fauré u. van Riet Keine Verweigerung der Genehmigung, wenn Behandlung zum Leistungskatalog gehört und wenn gleiche/gleichwirksame Behandlung rechtzeitig nicht möglich |
Rs. C-8/02 („Leichtle“) EuGH, Slg. 2004, I-2641 |
18.03.04 | Beamtenbeihilfe;
unzulässig, die Erstattung von Aufwendungen im Zusammenhang mit Heilkur im Ausland von Gutachten über größere Erfolgsaussichten und davon abhängig zu machen, dass gerichtliches Verfahren zur Anerkennung abgewartet wird |
Rs. C-372/04 („Watts“) | 16.05.06 | Kostenerstattungspflicht für Krankenhausbehandlung in anderem Mitgliedstaat gilt auch für einen Nationalen Gesundheitsdienst, der derartige Behandlungen kostenfrei erbringt |
Rs. C-466/04 („Herrera“) | 15.06.06 | kein Anspruch auf Ersatz der Reise-, Aufenthaltsund Verpflegungskosten über Kosten der Unterbringung und Verpflegung im Krankenhaus hinaus, es sei denn Übernahme bei Behandlung im Wohnmitgliedstaat |