Korruption: Fehlverhalten Einzelner nicht verallgemeinern

Pharmaverbände nehmen Stellung zu den Vorwürfen von Transparency International

2006 +++ Schütze-Brief: Gesundheitspolitischer Info-Dienst +++ 18. Mai 2006 Nr. 40/2006 / Seite 10-12

Im Zusammenhang mit dem Vorwurf von Transparency International Deutschland, das deutsche Gesundheitswesen sei stark von Korruption geprägt, verweist der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) auf die von seinen Mitgliedern selbst initiierten Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung. Die deutsche Fassung des "Global Corruption Report", die unter dem Titel "Jahrbuch Korruption - Schwerpunkt: Korruption im Gesundheitswesen" erschienen ist (16.5.), behauptet, Betrug, Verschwendung und Korruption im Gesundheitswesen hätten sich in Deutschland im Laufe der Jahrzehnte kontinuierlichen Wirtschaftswachstums in die Strukturen unseres auf Länderebene organisierten Gesundheitswesens regelrecht eingefressen. nt>

Für Transparency International herrscht im deutschen Gesundheitswesen eine strukturelle Korruption. Dieser sei aber allein mit neuen Gesetzen, reformerischen Maßnahmen, größeren Ermittlungsanstrengungen und besserer Strafverfolgung nicht beizukommen. Es müsse eine Kultur entstehen, die Korruption im Medizinbereich ächte. Der VFA verweist darauf, dass die forschende Pharmaindustrie seit dem vergangenen Jahr für Transparenz bei den klinischen Studien mit Patienten sorge und damit eine Forderung von Transparency International erfülle. Man dürfe das Fehlverhalten Einzelner nicht verallgemeinern.

Im Blick auf den grauen Arzneimittelmarkt bestehe weitgehende Übereinstimmung mit der Analyse und den Forderungen von Transparency International. Illegalen Praktiken, wie der Wiedereinführung von Arzneimittellieferungen, die für Entwicklungsländer bestimmt waren, in Industrieländer, müssten unterbunden werden. Lücken in der Arzneimittel-Vertriebskette vom Hersteller bis zum Patienten, die von Fälschern zum Einschleusen ihrer Waren genutzt werden könnten, müssten dringend geschlossen werden. Insbesondere sollte der pharmazeutische Großhandel verpflichtet werden, Medikamente nur von pharmazeutischen Unternehmen zu beziehen.

Für nicht nachvollziehbar hält man beim VFA die These von Transparency International Deutschland, dass die Strukturprobleme des Gesundheitswesens in einem Überangebot an Waren und Dienstleistungen bestünden. Solange auf vielen Gebieten medizinische Unterversorgung bestehe, könne davon nicht die Rede sein. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hält die Pauschalverurteilung durch Transparency für unglaubwürdig und warnt vor Panikmache. "Die gesamte Pharmabranche in Deutschland unter den Generalverdacht der Korruption zu stellen, ist schlicht unseriös. Die pharmazeutischen Unternehmen haben selbst das größte Interesse, dass Verstöße gegen geltendes Recht entsprechend sanktioniert werden", so der BPI-Vorsitzende Dr. Bernd Wegener.

Korruption, Abrechnungsbetrug und Tricksereien müssten geahndet werden und hätten im Gesundheitswesen nichts verloren. Aber einen gesamten, größtenteils mittelständisch geprägten Wirtschaftszweig mit unbewiesenen Bestechungsvorwürfen in Misskredit zu bringen, überschreite die Grenze des Verträglichen. Der BPI habe sich aktiv bei der Umsetzung des Anti-Korruptionsgesetzes beteiligt und sich eigene Standards der lauteren Zusammenarbeit mit Ärzten im ambulanten und stationären Bereich gegeben. Diese Standards gehörten inzwischen zum Allgemeingut der Tätigkeit der im BPI vertretenen Mitgliedsunternehmen, die Verstöße dagegen auch durch firmeneigene strenge Codices ahnden würden.

Der TI-Bericht ist hier verfügbar.