Unärztliche Käuflichkeit

Heil- oder Marktkräfte? Das Gesundheitswesen ist ohne Halt

2006 +++ Rainer Erlinger +++ Quelle: Süddeutsche Zeitung, 23. Oktober 2006

Auszüge

(...) Wenn jede Tätigkeit eines Arztes - nicht nur die Versorgung von Notfällen - zuallererst ethischen Regeln unterworfen sein soll. dann handelt es sich nicht um gewöhnliche Arbeit, sondern eher um der Gesellschaft gewidmete priesterliche, nahezu sakrale Handlungen. (...)

Es besteht ganz im Sinne Elwerts offenbar das natürliche Bedürfnis, Gesundheit nicht zur Ware werden zu lassen. Auf der anderen Seite sollen sich die beruflich mit ihr Befassten wie Marktteilnehmer verhalten, als Dienstleister auftreten und unternehmerische Entscheidungen treffen. Die Medizin wird dabei zwischen Markt und Heilungsauftrag zerrieben und kann sich in dem Zwischenraum nicht positionieren. Die Gesellschaft kann sich nicht entscheiden, welche Funktion der Arzt haben soll, Priester oder Unternehmer, doch sie muss es. Beides zugleich geht nicht, und solange dieser Konflikt nicht gelöst oder wenigstens bewusst einbezogen wird, bleiben alle Reformbemühungen im Gesundheitswesen zum Scheitern verurteilt.