Fallpauschalen: Vorbild Australien

Die australische Realität sieht anders aus

2006 +++ Nikolaus A. Haas +++ Quelle: Deutsches Ärzteblatt (Internet)

Die deutschen DRGs entstanden nach dem Vorbild Australiens. Dort aber wird nur ein geringer Teil der Leistungen nach Pauschalen abgerechnet. Kodieren ist keine ärztliche Aufgabe.

Auszüge:
In Australien – dem Vorbild für das deutsche DRG-System – sieht die Realität jedoch anders aus: Eine direkte Einbindung der Ärzte in die Fallpauschalen und Kodierung gibt es dort nicht.

Im Staat Victoria mit rund fünf Millionen Einwohnern und der Großstadt Melbourne sowie in South Australia mit etwa 2,5 Millionen Menschen läuft die Abrechnung stationärer Leistungen zu etwa 60 Prozent anhand der DRGs. Der übrige Teil ist von den Fallpauschalen ausgenommen.

Die Abrechnung komplexer Fälle, etwa der Intensivpatienten, erfolgt in South Australia anhand eines Tagessatzmodells.

Somit erfolgt für die Mehrheit der etwa 19 Millionen Australier die Finanzierung eines Krankenhausaufenthaltes anhand von historischen Budgets.

In deutschen Krankenhäusern ist es die Regel, dass Ärzte für die Verschlüsselung der Diagnosen verantwortlich sind. Das ist in Australien grundsätzlich nicht der Fall. Vielmehr ist das Analysieren der Daten und Kodieren der Patientendiagnosen und Therapien durchweg eine nichtärztliche Tätigkeit. Die Kodierung der Fälle erfolgt anhand der Akten nach Entlassung der Patienten.

Die Kodierer durchforsten die Akten und geben die DRGs anhand der Aktenlage in das Computersystem ein. Ein Feedback zu den behandelden Ärzten oder Rückfragen zur Plausibilität erfolgen nicht.

In Australien existiert ein gutes öffentliches Gesundheitswesen, das einen Großteil der Kosten übernimmt.

Etwa 30 Prozent der Australier sind privat krankenversichert.

Jeder berufstätige Australier bezahlt 1,5 Prozent seines Bruttolohns in die öffentliche Gesundheitskasse „Medicare“. Dieser Beitragssatz erscheint zunächst einmal sehr gering. Allerdings deckt Medicare viele Leistungen nicht ab. Finanziert werden ärztliche Leistungen und Physiotherapie. Grundsätzlich nicht übernommen werden zahnärztliche Leistungen. Voll abgesichert über Medicare ist jedoch die stationäre Versorgung in öffentlichen Krankenhäusern.

Die ambulante ärztliche Versorgung ist nur teilweise über Medicare abgedeckt. Der Patient zahlt bei einem Arztbesuch eine Gebühr – je nach Behandlung zwischen 40 und 60 australische Dollar (etwa 25 bis 35 Euro). Dieser Betrag wird teilweise von Medicare übernommen, derzeit rund 28 Dollar (etwa 17 Euro).

Für die Medikamente existiert eine Positivliste.

Für die Krankenhäuser sind die Privatpatienten finanziell wichtig und genießen häufig Vorrang. Dadurch erklärt sich auch die oftmals sehr lange Wartezeit für Medicare-Patienten bei Spezialisten für elektive Therapien. Für eine Katarakt-OP liegt sie bei etwa drei Jahren, ebenso für die operative Behandlung einer Varikosis der Beine.

Die eigentliche Krankenhausfinanzierung erfolgt unabhängig von den Fallpauschalen.