Gesundheitssystem der Schweiz - Vorbild für Deutschland?

Pflichtversicherung mit Kopfpauschale - Hohe Kosten, aber auch hohe Qualität und große Zufriedenheit der Bevölkerung

2006 +++ Julia Bathelt +++ Quelle: Rheinisches Ärzteblatt 4/2006, 16-17 (Internet)

Das Schweizer Krankenversicherungssystem wird häufig als Vorbild für den Umbau des deutschen Systems bemüht. Denn das Schweizer Modell verbindet Elemente der Kopfpauschale mit denen einer Pflichtversicherung für alle Bürger. Seit In-Kraft-Treten des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) im Jahre 1996 sind alle in der Schweiz lebenden Personen Pflichtmitglieder der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKPV). Zuvor gab es weder eine obligatorische Krankenversicherung noch ein Krankenversicherungsgesetz, sondern ein durch und durch wettbewerbsorientiertes Gesundheitssystem mit einem völlig freien Krankenversicherungsmarkt. Mit der Reform 1996 wurden erstmals Umverteilungsziele formuliert, da es für alte und kranke Menschen immer schwieriger wurde, eine bezahlbare Krankenversicherung zu finden.

Basissicherung und freiwillige Zusatzversicherung

Das schweizerische Krankenversicherungssystem basiert auf einer Grundsicherung und einer freiwilligen Zusatzversicherung. Jeder Bürger ist verpflichtet, eine von Einkommen und Vermögen unabhängige Kopfpauschale zu bezahlen. Anders als in Deutschland sind nicht-erwerbstätige Familienmitglieder und Kinder nicht kostenfrei mitversichert. Allerdings gibt es vergünstigte Prämien für unter 25Jährige.

Um die ungleiche Lastenverteilung auf die Bevölkerung auszugleichen, subventionieren der Bund und die Kantone die Versicherungsprämien einkommensschwacher Bürger. Ziel ist es, dass kein Versicherter mehr als zehn Prozent seines Einkommens für die Krankenversicherung aufwenden muss. Mittlerweile fallen rund 30 Prozent der 7.25 Millionen Versicherten unter diese Regelung.

Diese Sozialleistungen müssen allerdings hauptsächlich von mittleren Einkommensschichten aufgefangen werden, da diese sowohl für die eigene Prämie als auch für den Steueranteil zur Finanzierung der Subventionen aufkommen müssen. Gut Verdienende profitieren hingegen von diesem System mit der europaweit höchsten Selbstbeteiligung.

Im Jahr 2000 lag die Höhe der einheitlichen Kopfprämie bei monatlich rund 105 Euro. Hinzu kommt eine Beteiligung an den Behandlungskosten - die obligatorische Franchise - in Höhe von jährlich 157 Euro. Überdies kann ein zusätzlicher Selbstbehalt gewählt werden, um die Beiträge zu senken. Dieser kann 400. 600, 1200 oder 1.500 Schweizer Franken betragen, wobei aber zumeist 400 Franken gewählt werden. Zahnersatz und Zahnbehandlung müssen vollständig von den Schweizern übernommen werden. Privatversicherungen für die Zahnbehandlung sind zwar möglich, Füllungen werden aber generell nicht bezahlt.

Die Schweizer können ihre Krankenversicherung frei wählen. Die Kopfprämie ist für alle Erwachsenen innerhalb eines Kantons und einer Kasse gleich. Die OPKV wird ausschließlich aus den Versichertenpauschalen finanziert, einen Arbeitgeberanteil gibt es nicht. Da der Leistungskatalog einheitlich festgelegt ist, konkurrieren die mehr als 90 Krankenkassen über die Höhe ihrer Prämien. Viele Kassen umwerben besonders junge, gesunde Versicherte, da sie durch sie in der Regel Überschüsse erwirtschaften. Zwar gibt es einen Risikostrukturausgleich, doch dieser funktioniert nur leidlich, denn er berücksichtigt nur Alter und Geschlecht, nicht aber Mortalität und Morbidität. Im Jahr 2004 haben rund 22 Prozent der Kassen Geld aus dem Risikoausgleich erhalten.

Weitere Informationen im Internet

http://www.fmh.ch

http://www.vsao.ch/

http://www.bfs.admin.ch/

http://www.oecd.org/dataoecd/56/31/35630897.pdf

http://www.bag.admin.ch/kv/statistik/f/doc/KV_2004DE_ vO40306.pdf