Bewährtes System in Gefahr

Abschaffung freiberuflich tätiger Ärzte. Verzicht auf eine wohnortnahe Versorgung

2006 +++ Fritz Beske +++ Quelle: Rheinische Ärzteblatt 8/2006, 10-11

Während die strukturellen Folgen des Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetzes des Jahres 2004 für unser bewährtes Gesundheitswesen noch völlig unklar sind, wird weiter munter am System gebastelt – Wissen die Berliner Politiker eigentlich, was sie tun?

Voraussetzung (...) ist zunächst die freie Arztwahl, ein von der Bevölkerung hoch geschätztes Gut. Es ist weiter ein einheitlicher Leistungskatalog. Und es ist schließlich ein dichtes Netz von niedergelassenen freiberuflich tätigen Ärzten und von Krankenhäusern, Voraussetzung für eine wohnortnahe Versorgung.

Es stellt sich aber auch die Frage, ob die mit dem GMG eingeleitete Entwicklung rein sachbezogen ist oder nicht doch auch einen ideologischen Hintergrund hat. Hierzu eine Bemerkung der Bundesgesundheitsministerin Schmidt auf einem Symposium der Barmer Ersatzkasse am 22. März 2005 in Leipzig. Die Bundesgesundheitsministerin ging lobend auf die Polikliniken in der ehemaligen DDR ein und nannte es einen "Treppenwitz der Geschichte", dass wir jetzt in den alten Bundländern Medizinische Versorgungszentren aufbauen, die einst in den neuen Ländern abgewickelt worden sind. Sie hoffe, dass Versorgungszentren in einer Zeit, in der Einzelpraxen aus ihrer Sicht immer mehr zum Auslaufmodel werden, eine Perspektive für die medizinische Versorgung bieten. Die Perspektive ist also das MVZ als Nachfolgeorganisation der alten Polikliniken.

Die Forderungen gehen über die bereits eingeleiteten Veränderungen hinaus. So sollen alle fachärztlichen Leistungen im Krankenhaus konzentriert werden, eine für lange Zeit unlösbare logistische Aufgabe, was in der Tendenz verbunden wäre mit der Abschaffung freiberuflich tätiger Ärzte und mit dem Verzicht auf eine wohnortnahe Versorgung mit freier Arztwahl und kurzen Wartezeiten.