Holland: Private Krankenkassen mit staatlicher Garantie

Familien, Kranke und Alte die Gewinner im Prämienwettbewerb

2006 +++ Quelle: Ärzte Zeitung 21.03.2006

Das Fundament der holländischen Gesundheitsreform ist eine einheitliche Wettbewerbsordnung der Versicherungen.

Worüber sich in Berlin die Koalitionsspitzen in den kommenden Wochen die Köpfe zerbrechen müssen, das ist in den Niederlanden seit Jahresanfang Realität: eine Gesundheitsreform, die Bürgerversicherung und Gesundheitsprämie vereint. Die Folge ist ein harter Prämienwettbewerb der Kassen. Gewinner sind dabei Familien, Kranke und Alte. Doch was in den Niederlande gut zu funktionieren scheint, kann der deutsche Gesetzgeber nicht einfach kopieren.

15 Jahre haben die Niederländer ihre Reform des Krankenversicherungssystems vorbereitet, an dessen Ende die Privatisierung aller gesetzlichen Kassen stand.

Für private und gesetzliche Kassen in Holland gilt nun die gleiche Wettbewerbsordnung - ob das in Kombination mit staatlichen Umverteilungsaktionen wie dem Risikostrukturausgleich wirklich hält, wird letztlich der Europäische Gerichtshof entscheiden.

"Das ist keine Blaupause für Deutschland, die man nur noch etwas verfeinern muss", sagt der Berliner Gesundheitsökonom Professor Klaus-Dirk Henke. Aber das niederländische Modell bietet aus seiner Sicht wichtige Anregungen für eine wettbewerbliche Neuorientierung: vor allem durch den einheitlichen Ordnungsrahmen für private und gesetzliche Krankenversicherungen. Das wäre für deutsche Sozialpolitiker ein weiter gedanklicher Weg, weil das gesamte Krankenversicherungsrecht vom Sozial- ins Privatrecht transformiert werden müsste.

Und noch ein Punkt: Die holländische Privatversicherung kannte keine Kapitaldeckung, hatte also keine Alterungsrückstellungen wie die deutsche PKV. Die, so Henke, müsste man ganz neu denken: zum Beispiel als eine Krankenversicherung, die in Kombination mit einer Schwester die Kapitalbildung in einer Lebensversicherung außerhalb der Krankenversicherung bewerkstelligt. Trennt man nämlich Krankenversicherung und Kapitalbildung, dann ist der Wechsel einer Privatkrankenversicherung leichter möglich.

Umdenken müssten auch die gesetzlichen Kassen, bislang Körperschaften des öffentlichen Rechts. Diese könnte man, so Henke, umbauen zu Genossenschaften oder Krankenversicherungen auf Gegenseitigkeit. Eine neuartige Anbieterpluralität gesetzlicher und privater Kassen ist also möglich - aber nicht über Nacht realisierbar.