Ergebnisforschung: Nutzen für Patienten muss nachgewiesen werden

Nur eine von 101 Innovationen hat zwei Jahrzehnte nach ihrer Erstveröffentlichung wesentliche Änderungen in der medizinischen Praxis bewirkt

2005 +++ Franz Porzsolt, Dirk Stengel, Amit K. Ghosh +++ Quelle: Deutsches Ärzteblatt; Jg. 102 1 Heft 36 19. September 2005, A 2380

Auszüge:

Wenn die Grundsätze der Ergebnisforschung akzeptiert werden, werden sich die Gesundheitssysteme grundlegend ändern. Die Ärzte sollten sich dieser Herausforderung so bald wie möglich stellen.

Von 101 wissenschaftlichen Neuerungen, die in angesehenen Fachzeitschriften (zum Beispiel Science, Nature oder Cell) veröffentlicht wurden, haben nur fünf eine Zulassung erreicht, und nur eine von 101 Innovationen hat zwei Jahrzehnte nach ihrer Erstveröffentlichung wesentliche Änderungen in der medizinischen Praxis bewirkt. Es besteht also eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Einsatz an Ressourcen und den Ergebnissen für den Patienten; diese Diskrepanz ist in vielen Gesundheitssystemen nahezu weltweit festzustellen und bedarf einer Erklärung.

Als neuer theoretischer Ansatz wurde die Ergebnisforschung (Outcomes Research) vorgeschlagen.

In der englischsprachigen Literatur wird der Nachweis der Überlegenheit eines neuen diagnostischen oder therapeutischen Verfahrens gegenüber herkömmlichen Methoden unter idealen Versuchsbedingungen als „efficacy" (Wirksamkeit) bezeichnet, während der Nachweis unter Alltagsbedingungen als „effectiveness" (Effektivität) bezeichnet wird.

Ziel ist nicht der Nachweis der Überlegenheit einer Intervention gegenüber einer anderen, sondern die Beschreibung ihres Nutzens für die Patienten (value for patients). Der Nutzen oder Wert umfasst ein Abwägen von Kosten und Konsequenzen, was in der Gesundheitsökonomie als „efficiency" (Effizienz) bezeichnet wird. Der Nutzen für die Patienten ist deshalb eine besondere Art der Effizienz.

Die Ergebnisforschung rechtfertigt die solidarische Finanzierung einer neuen Gesundheitsleistung, wenn deren Nutzen für die Patienten unter Alltagsbedingungen nachweisbar ist.

Aussichten

Wenn die Grundsätze der Ergebnisforschung akzeptiert werden, können sich die Gesundheitssysteme grundlegend ändern. Diese Veränderungen erfordern aber auch Änderungen in der medizinischen Ausbildung, und zwar in Kontinentaleuropa mehr als in allen englischsprachigen Ländern.