Demokratisch demographische Falle

Reformen des Gesundheitssystems müssen auch gegen die ältere Generation durchgesetzt werden

2004 +++ Günter Neubauer +++ Quelle: gpk GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE, 2004; 11: 3-10

Auszüge:

III. Bedarf für eine nachhaltige Reform

Überträgt man das heutige Ausgabenprofil für Gesundheitsausgaben auf die Altersgruppen und stellt dies vor die zu erwartende demographische Entwicklung, so wird deutlich, wie dringend eine nachhaltige Gesundheitsreform in Deutschland ist. Wir haben in der Abb. 3 (s. S. 6) diesen Zusammenhang wiedergegeben.

Die Ausgabenkurven oben beschreiben die altersspezifischen Ausgaben für Gesundheit, während darunter die Entwicklung dieser Altersgruppen auf die nächsten fünfzig Jahre beschrieben wird. Es zeigt sich deutlich, dass die Altergruppen ab sechzig Jahren den höchsten Bedarf haben und um rund 50 Mio. ansteigen werden, während auf der anderen Seite die Gruppe der Erwerbstätigen um etwa 14 Mio. sinken wird. Hinzu kommt noch, dass es etwa um 7 Mio. weniger Kinder geben wird.

Insgesamt bedeutet dies, dass sich die jüngere Generation um über 20 Mio. reduzieren wird, während die Generation über sechzig Jahre etwa um 15 Mio. wachsen wird. Dies führt dazu, dass bei einer Beibehaltung des derzeitigen Umlagesystems die jüngere Generation deutlich überfordert werden wird. Doch selbst wenn das Beschäftigungsalter auf siebzig Jahre erhöht würde, ändert sich nicht sehr viel an der Verschiebung der Altersgruppen.

Der Ausgabenanstieg über die Altersgruppen wird im Wesentlichen von den medizinisch-technischen Möglichkeiten bestimmt, die bei schwerkranken Menschen zur Anwendung kommen. Da diese Möglichkeiten aus heutiger Perspektive weiterwachsen dürften, ist davon auszugehen, dass die Kurve eher noch weiter ansteigen wird und von daher eine noch größere Belastung auf die nachkommende Generation zukommen wird. Wollen wir nun diese medizinisch-technischen Entwicklungen weiterhin den älteren Menschen zugute kommen lassen und andererseits unsere Volkswirtschaft nicht mit den Gesundheitslasten erwürgen, so sind entsprechende Reformmaßnahmen angesagt, von denen die wichtigsten im Nachfolgenden kurz angesprochen werden.

Abkopplung der Arbeitskosten von den Morbiditätskosten

Der oben gezeigte Zusammenhang macht deutlich, dass wir auf längere Sicht die heutige Anbindung der  Arbeitskosten an die Morbiditätskosten nicht weiter fortführen können, wenn die Arbeitskosten in Deutschland so hoch steigen, dass Arbeit in Deutschland nur noch für wenige hochproduktive Menschen möglich ist.

Kapitalrückstellungen für das Alter

Um diesen Vorbehalten entgegenzutreten, schlagen wir vor, für jeden Bürger ein Alterssparkonto zu errichten, in das der jeweilige Bürger für das Altersrisiko Einzahlungen leistet.

Zweck dieser Alterssparkonten wäre es, einen Teil der altersbedingten Mehrausgaben über die Eigenersparnisse abzudecken, ohne das Umlagesystem in toto aufzuheben.