Wie sieht die Alternative zu EBM2000plus aus?

Vorschlag zur Neugestaltung der Gebührenordnung

2004 +++ Franz-Josef Müller +++ Quelle: Freie Ärzteschaft (Internet) vom 25.02.2004

Auszüge:

Die Schwächen des EBM2000plus liegen auf mehreren Gebieten, unter anderem mit folgenden Auswirkungen:

1. Den Anspruch "betriebswirtschaftlich kalkuliert" können selbst Optimisten dem derzeit vorgelegten EBM nicht mehr zubilligen. Systematische Fehler in verschiedenen Bereichen des EBM-Entwurfes (Anästhesiekapitel, Schnitt-Naht-Zeit bei OP"s in groben Zeitrastern, Zeitvorgaben bei einzelnen Leistungen, ....) sind handwerklicher Art. Nach jahrelangen Vorbereitungen sollte das nicht passieren.

2. Die Kosten wurden in mehrfacher Hinsicht freihändig "kalkuliert". Es wurde u. a. ein Produktivitätsfaktor von 87,5% angenommen. Die tatsächlichen Betriebskosten in einem bundesweit einheitlichen Schema erfassen zu wollen, ist nicht möglich. Dem entsprechend ist jede Kostenkalkulation mit diesem Ansatz zum Scheitern verurteilt.

3. Das zugebilligte Arzthonorar ist Ergebnis eines planwirtschaftlichen Beschlusses, eine rein theoretische Größe. Kein Arzt hat Anspruch auf dieses Honorar, selbst wenn er für zwei arbeitet. Nicht der Arzt bestimmt mit seiner persönlichen Leistung, wie hoch sein Honorar ist, sondern obskure Regelungen würfeln die Höhe seines Honorars aus.


Die grundsätzlichen Honorarprobleme der Ärzte haben mehrere Ursachen:
a) die Ärzte tragen das Morbiditätsrisiko
b) ärztliche Leistungen und deren Entlohnung sind planwirtschaftlich festgelegt
c) der Marktmechanismus ist als Allokationsinstrument außer Kraft gesetzt
d) echter Wettbewerb im Gesunheitswesen findet nicht statt
e) es fand in der Vergangenheit eine gigantische Leistungsmengenausdehnung bei fallenden Preisen statt (Hamsterrad)

Niemand kann ein demokratisch legitimiertes Gremium davon abhalten, etwas zu beschließen, dass aus ökonomischer Sicht weder erste noch zweite Wahl wäre. Aus ökonomischer Sicht bedeutet dies nur, dass späterer Korrekturmaßnahmen umso härtere Einschnitte bedeuten werden.

Derzeit läuft es darauf hinaus, dass man eine implizite Rationierung ärztlicher Leistungen erzwingen will. Der Arzt soll also in seiner Praxis entscheiden, welche Leistungen im Rahmen der GKV erbracht werden und welche nicht. Einen größeren Unsinn kann man sich kaum vorstellen. Egal was ein einzelner Arzt in seiner Praxis macht, er wird immer der Dumme sein. Verschreibt er ein Medikament nicht, weil außerhalb der WANZ-Kriterien, rennt der Patient zur Kasse. Die bestätigt ihm, dass er selbstverständlich einen Anspruch auf eine gute Behandlung habe und der Arzt alles tun müsse, ..... der Arzt ist der Böse.

Entscheidet der Arzt, dass kein EKG notwendig ist und der Kollege um die Ecke entscheidet sich für das EKG, um den Patienten zu gewinnen, hat der erste Arzt schon wieder den Schwarzen Peter. Die Kassen und die KBV können sich immer auf intelligente Regelungen zurückziehen, da sie ja die gesamte Verantwortung zum Arzt vor Ort delegiert haben. Auch so kann man sich seiner eigenen Verantwortung zu Lasten Dritter entledigen.

Ärztliche Leistungen müssen für jeden einzelnen Arzt so honoriert werden, dass das Gesamthonorar einer betriebswirtschaftlichen Überprüfung standhält.

Das sind meine Kriterien, mit denen ich Vorschläge der KBV zur Neugestaltung einer Gebührenordnung prüfe. Es ist die originäre Aufgabe der KBV, vom Gesetzgeber so festgelegt, die Interessen der Vertragsärzte auch in wirtschaftlicher Hinsicht gegenüber den Kassen zu vertreten. Es gibt derzeit niemanden, der sonst die Legitimierung besäße, für die Vertragsärzte einen neuen EBM zu verhandeln.