EuGH: Deutsche Krankenkassen dürfen Festbeträge festsetzen

Wenn sie sozial handeln, sind sie keine Unternehmen im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechts

2004 +++ EuGH +++ Quelle: PRESSEMITTEILUNG Nr. 16/04, 16. März 2004

Auszüge:

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass die Krankenkassen der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland an der Verwaltung des Systems der sozialen Sicherheit mitwirken. Sie nehmen eine rein soziale Aufgabe wahr, die auf dem Grundsatz der Solidarität beruht und ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird.

Zudem sind die Krankenkassen gesetzlich verpflichtet, ihren Mitgliedern im Wesentlichen gleiche Pflichtleistungen anzubieten, die unabhängig von der Beitragshöhe sind.

Schließlich sind die Krankenkassen zu einer Art Solidargemeinschaft zusammengeschlossen, die es ihnen ermöglicht, untereinander einen Kosten- und Risikoausgleich vorzunehmen. So erfolgt ein Ausgleich zwischen den Krankenkassen mit den niedrigsten Gesundheitsausgaben und den Krankenkassen mit höheren Ausgaben.

Der Gerichtshof stellt daher fest, dass die Krankenkassen weder miteinander noch mit den privaten Einrichtungen hinsichtlich der Erbringung der im Bereich der Behandlung oder der Arzneimittel gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen konkurrieren.

Der Spielraum, über den die Krankenkassen verfügen, um ihre Beitragssätze festzulegen und einander einen gewissen Wettbewerb um Mitglieder zu liefern, ändert nichts an dieser Feststellung.

Ferner verfolgen die Kassenverbände bei der Festlegung der konkreten Höhe der Festbeträge für die Kostenübernahme für Arzneimittel kein eigenes Interesse, das sich von der rein sozialen Aufgabe der Krankenkassen trennen ließe. Vielmehr erfüllen die Kassenverbände nur eine Pflicht im Rahmen der Verwaltung des deutschen Systems der sozialen Sicherheit, die ihnen das Gesetz auferlegt, und handeln nicht als Unternehmen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben.

Der Gerichtshof gelangt daher zu dem Schluss, dass Zusammenschlüsse von Krankenkassen wie die deutschen Krankenkassenverbände keine Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen im Sinne der gemeinschaftlichen Wettbewerbsvorschriften sind, wenn sie die Höchstbeträge festsetzen, bis zu deren Erreichen die Krankenkassen die Kosten von Arzneimitteln übernehmen.