Was ist medizinisch notwendig und muss von privaten Krankenkassen bezahlt werden?

Krankenversicherer müssen zahlen, auch wenn es kostengünstigere Behandlungen gibt

2003 +++ Manfred Specht +++ Quelle: Ärztepost 3/2003, S. 14 ff.

Auszüge:

Private Krankversicherungen müssen medizinisch notwendige Heilbehandlungen bezahlen, die Kosten sind zweitrangig und es muss nicht unbedingt die kostengünstigste Behandlung sein. Laut BGH-Urteil muss die PKV nachweisen, warum eine Behandlung medizinisch nicht notwendig war.

Der vierte Senat des Bundesgerichtshofes hat am 12.03.2003 ein interessantes Urteil zu den Musterbedingungen der privaten Versicherungswirtschaft gefällt (AZ: IV ZR 278/01). Krankenversicherer müssen für Behandlungen bezahlen, auch wenn es kostengünstigere Behandlungen gibt.

Erstattungspflichtig sind nur die Kosten der medizinisch notwendigen Heilbehandlungen. Nach ständiger Rechtssprechung des Senats ist eine Heilbehandlung medizinisch notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen. Der BGH betonte, das sei im Allgemeinen dann der Fall, wenn eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung stehe, die geeignet sei, die Krankheit zu heilen oder zu lindern.

Die Einbeziehung von Kostengesichtspunkten lasse sich aus den allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht entnehmen.

Die Versicherungsklausel stelle nur auf die „medizinisch notwendige“ und nicht auf die „medizinisch und notwendige“ oder gar auf die „medizinisch und wirtschaftlich notwendige“ Heilbehandlung ab. Dieser sprachliche Zusammenhang mache deutlich, dass die Notwendigkeit der Heilbehandlung allein aus medizinischer Sicht zu beurteilen ist.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert erfreulich, wie deutlich und klar der Bundesgerichtshof der herrschenden Meinung in der Literatur und bisherigen insbesondere unterinstanzlichen Rechtsprechung entgegen tritt. Er fordert gerade auch nicht alle Ärzte auf, jede Leistung zu erbringen, egal was sie kostet, wie es in den Tageszeitungen zu lesen war. Vielmehr müssen die Krankenversicherungen in ihren allgemeinen Musterbedingungen ihren Versicherungsnehmern deutlich sagen, welche Kosten sie im Krankheitsfall übernehmen und welche Kosten sie eben nicht versichern wollen. Der Arzt hat den Vorteil im Streit mit der Rechnungslegung sich nicht ständig verteidigen zu müssen, sondern die Versicherung aufzufordern, substantiierte Argumente bezüglich einer nicht notwendigen Heilbehandlung vorzubringen. Patient und Arzt erhalten mehr Rechtssicherheit.