Offener Brief an alle Kassenärztlichen Vereinigungen

Private KVen als Interessenvertretung der Ärzte

2003 +++ Jost Brökelmann +++ 20. März 2003

Sehr geehrte Damen und Herren,

in seiner Regierungserklärung vom 14. März 2003 hat Bundeskanzler Schröder gesagt:

"Der Staat muss deshalb helfen beim Abbau von Verkrustungen. Und er muss mehr Wettbewerb im System zulassen und fördern. Er muss kostentreibende Monopolstrukturen beseitigen. Hierzu
gehört auch dass Vertragsmonopol der Kassenärztlichen Vereinigungen. Es hat sich überlebt. Wir werden den Krankenkassen endlich ermöglichen, Einzelverträge mit Ärzten abzuschließen."

Die KVen haben, um mit ihrem Geschäftsführer der KBV Dr. Hess zu sprechen, ein janusköpfiges Aussehen: Sie sind „Staatsdiener“ und zugleich Interessenvertreter eines freien Berufes. Der Staat fordert immer eindringlicher, dass die KVen als Institutionen des öffentlichen Rechts ausschließlich dem Staat dienen dürfen, also Vollzugsorgane des Staates werden. Der neueste Gesetzesentwurf zur Gesundheitsreform (GMG) sieht deshalb für die "geschrumpften" KVen nur staatliche Aufgaben vor und schließt die überwiegende Zahl der Fachärzte für die Zukunft aus der KV aus.

Die KVen sind über viele Jahre von den Kassenärzten durch ihre Mitgliedsbeiträge aufgebaut worden, sie gehören mit ihrer Organisation, ihren Immobilien und sonstigen Anlagen der Gemeinschaft der Kassenärzte. Wenn der Staat uns Kassenärzte mehrheitlich nicht mehr als „Vertragsärzte“ für das Gesundheitssystem haben will und uns in unsere Freiberuflichkeit entlässt, sollte der Staat den Sicherstellungsauftrag der KVen zurückzunehmen. Wir Kassenärzte sollten gleichzeitig unsere KVen zu unserer "privaten" Interessenvertretung machen. Eine Übernahme des KV-Vermögens durch den Staat käme einer Enteignung gleich.

Alle KV-Vorstände und Vertreterversammlungen mögen deshalb diskutieren, dass die KVen die Interessenvertretung der Kassenärzte ohne staatliche Bindung werden.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. J. Brökelmann
Ehrenpräsident des BAO