Leistungsberichte einer gynäkologischen Tagesklinik

Garant für Qualität im Ambulanten Operieren

2003 +++ Jost Brökelmann +++ Quelle: ambulant operieren 1/2003, 44-46

In Zukunft werden auch Praxen mit ambulant operativer Tätigkeit ähnlich wie Krankenhäuser Leistungsberichte erstellen müssen. Eine Rechtsvorschrift bezüglich jährlicher Leistungsberichte gibt es noch nicht; jedoch handelt es sich um das Ziel der 72. Gesundheitsministerkonferenz der Länder aus dem Jahr 1999, dass solche Leistungsberichte ab dem 1.1.2003 erstellt werden.

Leistungberichte 1989 bis 2002

Nach Eröffnung der Tagesklinik im Jahre 1989 bestand das Hauptmotiv für einen Jahresbericht darin, die überweisenden Kollegen über Komplikationen und den Leistungsumfang der neu entstandenen Tagesklinik zu informieren. Von Anfang an wurde auf Transparenz den Überweisern und den Patientinnen gegenüber gesetzt. So erhielt seit Praxisbeginn jede operierte Patientin eine Kopie des Operationsberichtes für ihre eigene Unterlagen.

Seit 1990 wurde jeder operierten Patientin ein Fragebogen mitgegeben, auf dem u.a. nach Komplikationen gefragt wurde. Denn es stellte sich heraus, dass die nachsorgenden Ärzte häufig nicht von kleinen Begebenheiten unterrichtet wurden, welche die Patientinnen jedoch als echte Komplikation ansahen.

Mit Einführung der Qualitätssicherung für den vertragsärztlichen Bereich (AODT) wurde die AODT-Datei für alle operierten Patientinnen benutzt, d.h. auch für Privatpatientinnen, die normalerweise in der AODT nicht erfasst werden. Seit dem Jahre 2000 wird diese AODT-Datei zum Ausdruck eines „OP-Registers“, welches das herkömmliche OP-Buch ersetzt, benutzt. Mittlerweile wird kein handschriftliches OP-Buch mehr geführt, sondern die Informationen über alle Operationen werden über die AODT-Datei dokumentiert. 2001 wurde zudem die ICD10-kodierten Diagnosen aus der Statistik der AODT-Datei entnommen und für den Leistungsbericht genutzt.

Für 2002 haben wir für die verschiedenen Operationsarten (Prozeduren) die betreffende Kodierung der deutschen DRG´s (diagnose related groups) eingesetzt, da die durchgeführten Operationen durchweg stationsersetzende Eingriffe sind.

Im Wesentlichen enthalten die Leistungsberichte folgende Daten (s. Kasten):

Die Komplikationen werden mit den Initialen der Patientinnen beschrieben, so dass jeder überweisende Arzt bzw. Ärztin überprüfen kann, ob die Komplikation „seiner/ihrer“ Patientin auch aufgelistet wurde. Ggf. werden Empfehlungen zur Therapie gegeben.

Ziel dieser Leistungsberichte ist eine bessere Nachsorge durch die nachbehandelnden Ärzte. Für viele Überweiser war 1989 z.B. eine offene Wundbehandlung neu; denn intrakutan genähte  Wunden benötigen keinen Verband mehr. Auch gab es gerade im Beginn des ambulanten Operierens Selbsteinweisungen in Krankenhäuser, weil Patientinnen z.B. wegen Schulterschmerzen nach einer Laparoskopie verunsichert waren. Solcherlei Angstreaktionen traten in den letzten Jahren nicht mehr auf.

Mögliche Datenquellen für Leistungsberichte

1.  Die EBM- und GOÄ-Abrechnungsziffern sind für einen solchen Leistungsbericht nur bedingt zu verwerten.

2.  OP-Buch: Das in herkömmlicher Weise geschriebene OP-Buch gibt, weil es meist von wechselndem OP-Personal betreut wird, keine einheitliche Beschreibung der Operationsarten. Auch lassen sich viele Daten nur mühsam in dem OP-Buch wiederfinden.

3.  OP-Pläne: Die handgeschriebenen OP-Pläne dienten jahrelang als Quelle für die Operationsart und die OP-Blockierungszeit der jeweiligen Operation.

4.  Patientenfragebögen: Die wichtigste Frage auf diesen Bögen war diejenige nach Komplikationen. Da Komplikationen nur selten auftraten, wurden bei jeder Bejahung einer Komplikation mit der Patientin und dem nachsorgenden Arzt telefoniert und Information eingeholt.

Ein weiteres Ziel der Patientenfragebögen war die Erfassung der Arbeitsunfähigkeit nach den einzelnen Operationen. Die Auswertung dieser Antworten erbrachte u.a. Ergebnisse zum körperlichen Befinden nach der Operation und zu durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeits(AU-)zeiten, die wiederum für die Bemessung der Arbeitsunfähigkeit nach der Operation wichtig sind (Weber und Brökelmann 1992, Küpping und Brökelmann 1994, Kolvenbach und Brökelmann 1995

Die freie Fomulierung von Lob und Tadel durch die Patientin in den Zeilen „Bemerkungen“ ist für die Praxisführung von großer Bedeutung (s.u.).

5.  AODT-Datei: In die AODT-Datei wird jede operierte Patientin unabhängig von ihrem Versichertenstatus aufgenommen. Über die jeweilige PC-Kennziffer in der AODT ist der Name der Patientin und der bei ihr gespeicherte OP-Bericht abrufbar. Somit wird das handgeschriebene OP-Buch durch die jährlich ausgedruckte AODT-Statistik ersetzt.

Die Statistik der AODT ergibt bei der von uns benutzten Praxis-Software (DATA VITAL) auch die Häufigkeit der Operationsdiagnosen und ist damit die Quelle für die Diagnosestatistik des

6.  Die in den jährlichen Leistungsberichten aufgeführten Komplikationen werden zu Komplikationsraten zusammengestellt (s. Tabelle 1)

Tabelle 1: Postoperative Komplikationsraten (Brökelmann und Bung, 2002)

Jahr

Zahl der Operationen

Gesamt-Kompli-kationsrate

davon Infektionsrate

davon Wund-infektionsrate

1992

1180

0.2  %

0.17  %

0.08  %

1993

1284

0.3  %

0.16  %

0

1994

1154

0.6  %

0.43  %

0.01  %

1995

1152

0.8  %

0.34  %

0.26  %

1996

1174

0.7  %

0.43  %

0.09  %

1997

  956

0.8  %

0.42  %

0.1    %

1998

  903

0.7  %

0.66  %

0

1999

  833

0.6  %

0.24  %

0

2000

1027

0.8  %

0.19  %

0.09  %

2001

1051

1.0  %

0.6    %

0.5    %

Durchschnitt

1992-2001

1071

0.65  %

0.36  %

0.11  %

Vorteile eines Leistungsberichtes

Im Laufe der Jahre haben die Leistungsberichte zu einer kontinuierlichen Qualitätsverbesserung beigetragen. So konnte u.a. das konventionelle OP-Buch durch die AODT-Datei ersetzt werden. Die AODT-Statistik, die für die Zahl der Operationen sowie die Häufigkeit der Operationsarten benutzt wird, gibt zusätzlich Auskunft über die Auslastung des Operationsraumes, da wir als Anästhesiezeit die OP-Blockierungszeit der jeweiligen Operation eintragen und unsere PC-Software eine Statistik über die Anästhesiezeiten erstellt. Diese Vorteile sprechen dafür, dass die AODT-Statistik von den Software-Herstellern ausgebaut werden sollte, damit die Daten für Leistungsberichte erstellt werden können.

Die Patientenfragebögen haben sich zum Erfassen von Komplikationen als kostengünstige und verlässliche Datenquelle erwiesen. Die Komplikationsraten der Tagesklinik können wiederum über Homepage oder Papierdokumentation an Patientinnen weitergereicht werden. So wird das Vertrauen der Patientinnen in die Tagesklinik gestärkt.

Die Angaben der Patientinnen unter „Bemerkungen“ haben sich als ein wichtiges Führungsinstrument für das Praxispersonal erwiesen. Die Patientenfragebögen werden nach Abzeichnen durch den Operateur an die Mitarbeiterinnen weitergereicht und dann in einem Ordner gesammelt. Lob und Tadel der Patientinnen werden also weitergegeben und bewirken praktisch immer Verhaltungsänderungen bei den Betroffenen.

Fazit

Die Leistungsberichte geben einen guten Überblick über das Leistungsspektrum einer Tagesklinik, insbesondere über Komplikationsraten. Sie haben merklich zu einer Qualitätsverbesserung der Patientenversorgung geführt.

Literatur:

Brökelmann, J., P. Bung: Komplikationsraten in der ambulanten operativen Gynäkologie, Frauenarzt 43 (2002), 1046-1051

Kolvenbach, S., J. Brökelmann: Arbeitsunfähigkeitszeiten nach ambulant durchgeführten gynäkologischen Operationen, gyne 4: 54-56 (1995)

Küpping, H., J. Brökelmann: Arbeitsunfähigkeit nach ambulant durchgeführten gynäkologischen Operationen, Der Frauenarzt 35: 926-928 (1994)

Weber, A., J. Brökelmann: Körperliches Befinden von Frauen nach ambulanten Operationen, gyne 6: 226-227 (1992)

Anhang

Leistungsbericht 2002

Auf Empfehlung des Sachverständigenrates für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2000/2001, erstellen wir folgenden

Leistungsbericht 2002

für die Gynäkologische Praxisklinik ...

1.  Angaben zur personellen und sachlichen Ausstattung der Einrichtung

Operateure:  ...
leitende OP-Schwester: ...
Arzthelferin: ...
Aufwachbereich und Anmeldung: ...
weitere Mitarbeiterinnen: ...

2.  Angaben zu Patientenzahlen

operierte Patientinnen: 1139
Überweisungsklientel: ca. 93%

3.  Diagnosenstatistik

ICD-Schlüssel präoperative Diagnose Häufigkeit
N 85.9 intrakavitärer Tumor, Uterusseptum 236
N 99.9, N 80.9, N 73.6, N 83.2, N 83.9 Adnextumor bzw. Adhäsionen bzw. Unterbauchschmerzen 250
Z 30.2 Sterilisierung 120
N 93,9 Blutungen azyklisch 77
N 87.9 suspekte Zytologie der Zervix 95
N 63.0 Mamma-Tumor 40
C 50.9 Mamma-Ca 20
D 28.9 Vulvatumor, Vaginaltumor bzw. Bartholin’scher Abszess 43
A 63.0 Condylomata acuminata 26
N 90.6 Labienhypertrophie 3
N 64.9 Mikromastie 2
N 62.0 Makromastie 3
N 94.1 Dyspareunie, Introitus angustus 6
Z 30.0 IUD-Insertion bei Zervixstenose 29

4.  Prozeduren, Statistik

Operative Eingriffe (Kodierung lt. G-DRG) Zahl der Eingriffe
G-DRG 1.0 Hauptdiagnosenkategorie 13 (weibliche Geschlechtsorgane)
N06Z, N07Z operative Laparoskopie, teils mit Hysteroskopie 254
N10Z, N62A, N62B Hysteroskopie/Abrasio 313
N09Z Konisation 95
N11B Missed abortion 40
N11B Introitusplastik/hintere Dammplastik 25
N61 Marsupialisation, Kondylome, Abszesse 63
J06A, J06B, J07A Mammatumor, Quadrantenresektion 63
J06A axilläre Lymphonodektomie 12
J06B Reduktionsplastik, Augmentationsplastik 5
N04Z Hysterektomie bzw. Laparotomie (Mikrochirurgie) 12

5.  Ergebnisse der Behandlung

Die Daten wurden

a) aus den Krankenunterlagen,

b) nach den Patientinnenfragebögen und

c) aus Angaben der weiterbehandelnden Ärzte sowie einer individuellen Rückfrage bei Anfragen von Komplikationen an die Patientin bzw. die Ärzte zusammengestellt.

Intraoperative Komplikationen: Keine, insbesondere keine nichtgeplante Laparotomie

Komplikationen im Aufwachbereich: keine nennenswerten

Komplikationen nach Entlassung aus der Praxisklinik:

E.V. Konisation: Dreimalige Nachblutung mit Krankenhausaufenthalt; Gerinnungsstörung (von Willebrand-Jürgens-Syndrom)
A.W. Operative Laparoskopie (Adhäsiolyse, Varizenverödung, Tuben–koagulation): Vom 2. bis 4. postop. Tag stationäre, konservative Behandlung wegen starker Schmerzen.
R.S. Konisation: leichte Nachblutung nach 4-5 Tagen, sistierte spontan.
I.R. Laparoskopische Tubensterilisation: Überempfindlichkeit gegen Fadenmaterial; nach Entfernen keine Beschwerden mehr.
E.M Konisation, Hysteroskopie und Abrasio: Stärkere Blutung am 5. postoperativen Tag sistierte spontan.
M.S. Sterilitätsdiagnostik mit Hysteroskopie und Laparoskopie: Hämatombildung in der linken Einstichstelle – spontan rückläufig.
B.B. Operative Hysteroskopie, operative Laparoskopie: Starker Zwerchfellreiz mit stundenweisem Krankenhausaufenthalt und Schmerzmittelinfusion.
I.E. Laparoskopische Tubensterilisation: Kreislaufbeschwerden, Thoraxschmerzen, 1 Tag Krhs.-Aufenthalt, Infusionsgabe. Keine weiteren Probleme.
A. H. Exstirpation einen Fibroadenoms: „Wundentzündung“ eine Woche post-operativ. Auf Rückfrage hat die Patientin sich nicht mehr gemeldet.
G.H. Kondylomabtragung: Verstärkter Juckreiz und Wundheilungsstörung. Auf Rückfrage teilte die Patientin mit, dass keine Beschwerden mehr bestehen.
A.M. Konisation und Tubenkoagulation: Nach 14 Tagen vaginale Blutung. Auf Rückfrage teilte die Patientin mit, dass es ihr sehr gut geht.
R.H. Operative Laparoskopie: Leichte Entzündung der linken Einstichstelle – konservativ erfolgreich behandelt.
K.R.P. Eine Woche nach der Operation Rezidiv eines chronischen Harnwegsinfektes; stationärer Aufenthalt 4 Tage – erfolgreich therapiert.

Krankenhauseinweisung am OP-Tag: keine
Gesamtkomplikationsrate: 1%
Infektionsrate: 0,35% (4 Pat.)
davon Wundinfektionen 3 Pat.