Herzog-Kommission: Vorschläge für die nächste Gesundheitsreform

Mehr Wettbewerb und Solidarausgleich über Steuern

2003 +++ Jörg Rüggeberg +++ Quelle: Fachärzte-Info Nr. 22 vom 24.10.2003

Auszüge:

Der Bericht der „Herzog-Kommission“ wurde bisher in der Öffentlichkeit hauptsächlich im Hinblick auf das Prämienmodell bei der GKV-Finanzierung diskutiert. Für die Ärzte sind aber auch die Vorschläge zu weiteren Reforminitiativen im Gesundheitswesen von Interesse.

Die Zielvorstellungen der Kommission zur weiteren GKV-Reform:

Die Herzog-Kommission geht davon aus, dass die Ausgaben im Gesundheitswesen in den kommenden Jahren „dramatisch“ ansteigen werden, sofern keine Reform erfolgt: „Dies wird auf der Ausgabenseite vor allem durch die zunehmende Alterung der Gesellschaft und durch den medizinisch-technischen Fortschritt verursacht, aber auch durch fehlenden Wettbewerb unter den Leistungserbringern und mangelnde Tranzparenz.“

Die niedergelassenen Ärzte müssen sich darauf einrichten, dass es in der nächsten Reformphase zu einer weiteren Einschränkung und Differenzierung des Leistungsumfanges kommen wird. Über den Bereich des Zahnersatzes hinaus sollen weitere, klar abgrenzbare Leistungsblöcke aus dem Leistungskatalog herausgelöst werden. Jeder Versicherte solle selbst entscheiden können, ob er einen Standard-Krankenversicherungsschutz erhalten, ob er gegen einen höheren Beitrag zusätzliche Leistungen finanzieren oder ob er durch eine höhere Selbstbeteiligung seinen Krankenkassenbeitrag reduzieren will.

Bemerkenswert ist der „Eindruck“ der Kommission, dass in Deutschland Gesundheitsleistungen weder so wirtschaftlich erbracht werden, wie dies möglich wäre, noch so kostenbewusst in Anspruch genommen werden, wie dies geboten wäre. In ihren Therapievorschlägen setzt die Kommission ganz generell auf „Mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen.“ Durch mehr Wettbewerb könnten die Qualität der Versorgung gesteigert und zusätzliche Effizienzpotentiale erschlossen werden, zeigt sich die Kommission überzeugt. Der Abbau vorhandener Über-, Unter- und Fehlversorgungen könne am ehesten dadurch erreicht werden, dass der Wettbewerb auf die Leistungserbringer in allen Versorgungsbereichen durch eine weitgehende Liberalisierung des Vertragssystems ausgeweitet werden.

Wenn es um eine stärkere wettbewerbliche Ausrichtung des Gesundheitswesens und eine flexiblere Vertragsgestaltung geht, rückt stets der Sicherstellungsauftrag der KVen in Visier. Die Kommission geht bei ihrem Vorschlag ausgesprochen behutsam zu Werke: „Die künftige Rolle der Kassenärztlichen Vereinigungen, die Ausgestaltung der fachärztlichen Versorgung und die Verantwortlichkeit für den Sicherstellungsauftrag sind nach zeitgemäßen Erfordernissen präzise zu definieren und festzulegen.“

Die Vergütung der ärztlichen Leistungen soll nach den Vorstellungen der Kommission grundsätzlich auf Leistungskomplexe und Fallpauschalen ausgerichtet und stärker an Qualitätsmerkmalen orientiert werden. Sofern die Leistungskomplexe und Fallpauschalen eine angemessene Vergütung fernab von Budgetrestriktionen bringen, dürfte dieser Reformansatz die Zustimmung der Ärzte finden.

Im Trend der aktuellen Rechtsänderungen im GKV-Modernisierungsgesetz wird im Übrigen empfohlen, die integrierte Versorgung auf einzelvertraglicher Grundlage weiter zu fördern. Die Herzog-Kommission sieht in der integrierten Versorgung ein wichtiges Instrument, um die Schnittstellenprobleme zwischen der ambulanten und stationären Versorgung und der Rehabilitation effektiv in den Griff zu bekommen und Fehlallokationen erheblicher Finanzressourcen zu verhindern.