Deutsche Pharmaunternehmen lassen im Ausland forschen

Gespräch mit Prof. Dr. Dr. Rolf Krebs, Sprecher der Unternehmensleitung von Boehringer Ingelheim

2003 +++ Quelle: Gesellschaftspolitische Kommentare Nr. 12, 2003, 3-8

Auszüge:

Heute finden über 50 % der Forschung der deutschen Unternehmen im Ausland statt.

In diesen Kontext gehört auch, dass von 185 Forschungszentren weltweit nur noch 10 in Deutschland sind.

Europa wird schwer davon zu überzeugen sein, dass es eine blühende Pharmaindustrie braucht. In Europa sind von 15 Mitgliedsstaaten eigentlich nur England, Dänemark, Deutschland und auch Österreich daran interessiert.

In Europa sind in den letzten 5 Jahren rund 20 Forschungszentren geschlossen worden und 3 neue entstanden. Also eine negative Bilanz von 17 Forschungszentren.

Man sollte das Gesundheitssystem nicht in erster Linie als einen Kostenfaktor sehen, sondern als Investition. Das System ist so komplex, dass staatliche Eingriffe nur zur Störung der Kosten-Effektivitätsbeziehung führen.

Es müsste die Einsicht da sein, dass nicht Regulation das Prinzip ist, sondern freier Markt.

Die Begrenzungen bestehen in den fehlenden Anreizen an den Universitäten. Es geht um die Frage, welche Wertschätzung die Gesellschaft ihren Forschern entgegen bringt. Ein Assistent an einer deutschen Universität verdient ein Drittel dessen, was ein amerikanischer Assistent verdienen kann, wenn er gut ist. In den USA ist das Leistungsprinzip führend. Die 20.000 Deutschen, die in den USA arbeiten, sind offenbar so gut, dass sie bei den Tarifen, die wir haben, nicht mehr rückholbar sind. Damit werden wir nur fertig werden, wenn wir das Leistungsprinzip einführen.

Wenn die Menschen die Früchte ihrer Arbeit nicht ernten können, weil diese sozialisiert werden, dann wird ihr Potential nicht geweckt.