Bürgerversicherung aus ökonomischer Sicht

Eine grüne Idee findet Fürsprecher von Lauterbach bis Seehofer

2003 +++ Franz-Josef Müller +++ Quelle: facharzt.de 23.06.2003

In der Bürgerversicherung sollen grundsätzlich alle Einkunftsarten und alle Bevölkerungskreise in die solidarische Finanzierung eingebunden werden. ... Die Bemessungsgrenze als Obergrenze für Beiträge könnte fallen oder höher festgesetzt werden als heute.

Eine Versicherung ist u. a. dadurch gekennzeichnet, dass man sich gegen einen erwarteten Schaden absichert. Die Höhe der Versicherungsprämie wird durch die Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadensereignisses sowie durch die Schadenshöhe bestimmt. Der Grundgedanke ist, dass alle Versicherten eine relativ geringe Prämie einzahlen und gegen den potenziellen Schaden finanziell abgesichert sind. Tatsächlich eingetretene Schäden bei einzelnen Versicherten werden so durch die Gemeinschaft der Versicherten getragen, der Geschädigte wird durch den Schaden nicht ruiniert. Aufgabe des Versicherers ist es, die Prämien so zu kalkulieren, dass die Prämienhöhe aller Versicherten ausreicht, um alle anfallenden Schäden zu begleichen. Da einige Versicherte ein höheres Risiko haben (z. B. Gleitschirmflieger in der Unfallversicherung), wird wo immer möglich und erlaubt, nach Risiken differenziert und dem entsprechend unterschiedliche Prämien festgelegt. Und dies trifft auf die Bürgerversicherung nicht zu!

Bei der Bürgerversicherung erfolgt weder eine Differenzierung nach Risiken noch steht die Versicherungsprämie in einem Zusammenhang mit dem statistischen Risiko. Wird die Bemessungsgrundlage auf das gesamte Einkommen ausgedehnt und zusätzlich die gesamte Bevölkerung dieser Pflichtversicherung unterworfen, dann handelt es sich, im ökonomischen Sinne, um nicht anderes als eine Einkommenssteuer. Diese spezielle Einkommenssteuer dient zur Finanzierung einer staatlichen Gesundheitsversorgung.

Die Positionen innerhalb der Rürup-Kommission sind völlig unterschiedlich und lassen sich in drei Gruppen einteilen:
1. Bürgerversicherung (Lauterbach, Seehofer, Grüne?)
2. Versicherungspflicht mit Kopfpauschalen, und falls der Einzelne die Beiträge nicht zahlen kann, unterstützt der Staat (Rürup)
3. Versicherungspflicht; die Versicherer kalkulieren die Prämien unter Berücksichtigung des Risikos und jeder Bürger zahlt eine individuelle Prämie, die völlig losgelöst von seinem Einkommen ist. Übersteigen die Prämien einen gewissen Prozentsatz des zur Verfügung stehenden Einkommens, dann kann staatliche Hilfe in Anspruch genommen werden (Raffelhüschen)

Die Bürgerversicherung bedient die Interessen der Bürokratie und der Gegner von Wettbewerb und Marktwirtschaft. Es wäre der Wechsel von der GKV in eine staatliche Lösung. (staatliche Lösung ohne Wettbewerb)
Die Rürup-Lösung stellt einen ersten Schritt von der GKV in Richtung einer Privatisierung der Krankenversicherung dar. (Mischform zwischen staatlicher Lösung und Wettbewerb)
Und die von Raffelhüschen vorgestellte Lösung stellt die völlige Privatisierung der Krankenversicherung dar, wobei der Staat nach den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft dann unterstützend eingreift, wenn der Einzelne Unterstützung benötigt. (Wettbewerb)

Die "beste" Lösung aus ökonomischer Sicht wäre die Wettbewerbslösung.

Die politisch durchsetzbare Lösung könnte bei der Mischform liegen. Und eine Katastrophe wäre die staatliche Lösung - zumindest aus ökonomischer Sicht.