Die FDP-Bundestagsfraktion fordert die Bundesregierung in einem Entschließungsantrag auf, "die Freiberuflichkeit als ein wesentliches Element unseres Gesundheitswesens anzuerkennen und Versuche zu unterlassen, diese durch die Bevorzugung institutioneller Lösungen zu untergraben". Der rot-grüne Gesetzentwurf sei geprägt von einem tiefen Misstrauen gegenüber Behandlern und Patienten. Das zeigten die Forderungen nach einem Korruptionsbeauftragten und einem deutschen Zentrum für Qualität in der Medizin. "Der Gesetzentwurf setzt auf Regulierung und Kontrollen statt die Rahmenbedingungen so zu schaffen, dass alle Beteiligten im System einen Anreiz haben, sich wirtschaftlich zu verhalten", kritisiert die Fraktion.
Den Entschließungsantrag "Mut zur Verantwortung für ein freiheitliches Gesundheitswesen" dokumentieren wir hier in Auszügen:
Die FDP-Bundestagsfraktion fordert die Bundesregierung auf:
1. Eine Steuerreform auf den Weg zu bringen mit deutlich abgesenkten Steuersätzen von 15 Prozent, 25 Prozent und 35 Prozent, damit die privaten Haushalte zusätzliche finanzielle Spielräume für die Gestaltung ihres Versicherungsschutzes erhalten.
2. Den Arbeitgeberanteil auf maximal 6,5 Prozent zu begrenzen und vorzusehen, dass er steuerneutral als Lohnbestandteil ausgezahlt wird, damit die Unternehmen die für die Schaffung neuer Arbeitsplätze so wichtige Planungssicherheit erhalten.
3. Dafür zu sorgen, dass der gesetzlichen Krankenversicherung durch gesetzgeberische Maßnahmen zu Gunsten anderer sozialer Sicherungssysteme oder des Bundeshaushaltes kein Geld mehr entzogen wird.
4. Die Verantwortung für die eigene Gesundheit und für den sparsamen Umgang mit Versicherungsgeldern stärker zu betonen.
5. Den Pflichtleistungskatalog der GKV auf einen Kernbereich zu konzentrieren. Die zahn-medizinische Behandlung, private Unfälle und das Krankengeld müssen zukünftig privat abgesichert werden. Bei weiteren vom Gesetzgeber vorzugebenden Leistungskomplexen, wie z. B. Kuren und Fahrkosten, ist es den gesetzlichen Krankenkassen freizustellen, ob sie diese anbieten oder ausgliedern wollen und eventuell in Kooperation mit der PKV anbieten.
6. Versicherungsfremde Leistungen aus der Finanzierung durch die GKV herauszunehmen und im Rahmen eines Leistungsgesetzes aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren.
7. Die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel auf den ermäßigten Satz abzusenken.
8. Die Selbstbeteiligungsregelungen so zu gestalten, dass hiervon steuernde Wirkungen ausgehen. Das heißt z. B. im Bereich der Arzneimittel Übergang zu prozentualen Selbstbeteiligungen mit Höchstbetrag.
9. Neue Leistungsansprüche im Pflichtversicherungsteil nur noch dann zuzulassen, wenn im Zuge der Gegenfinanzierung andere Leistungsansprüche zurück gefahren werden.
10. Das Sozialgesetzbuch V im Hinblick auf den Abbau bürokratischer Überregulierung auf den Prüfstand zu stellen.
11. Über geeignete Präventionsmaßnahmen dafür zu sorgen, dass möglichst wenig Gesundheitsleistungen notwendig werden.
12. Die Tarifgestaltung der GKV zu flexibilisieren und Tarife mit unterschiedlichen Optionen für Selbstbehalt, Selbstbeteiligung, Boni und Beitragsrückgewähr zuzulassen.
13. Die Strukturen so zu straffen, dass Gesundheitsleistungen möglichst effizient erbracht werden. Einheitliche und gemeinsame Verhandlungen der Krankenkassen müssen der Vergangenheit angehören.
14. Mehr Transparenz für Versicherte zu schaffen und das Sachleistungsprinzip durch das Kostenerstattungsprinzip zu ersetzen und damit gleichzeitig auch einen Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern einzuleiten.
15. Die Budgets abzuschaffen und durch leistungsgerechte Vergütungssysteme mit festen Preisen zu ersetzen.
16. Den Grundsatz der Nachhaltigkeit ernst zu nehmen und Vorsorge für die Folgen der Überalterung der Bevölkerung zu treffen. Das heißt: eine kontinuierliche Umschichtung zu kapitalgedeckten Finanzierungselementen vorzunehmen durch die Herausnahme von Leistungskomplexen aus der Umlagefinanzierung und die Herabsetzung der Versicherungspflichtgrenze.
17. Die europäische Rechtsprechung ernst zu nehmen, die allen Patienten Freizügigkeit bei der Wahl ihrer medizinischen Versorgung im EU-Gebiet zusichert sowie die daraus resultierenden notwendigen Änderungen im Inland u. a. im Hinblick auf Kostenerstattung und Bedarfsplanung zu vollziehen.
18. Ein eindeutiges Votum gegen eine Einbeziehung aller Bürger in die GKV abzugeben, weil das ein gefährlicher Irrweg ist, der die bestehenden Probleme nicht behebt, sondern sie verschärft. Ein schlechtes System wird nicht dadurch besser, dass Alle hineingezwungen werden.
19. Die Verfeinerung des Risikostrukturausgleichs in Richtung Morbiditätsorientierung aufzugeben und stattdessen das Volumen des heutigen RSA kontinuierlich zurück zu fahren.
20. Die Freiberuflichkeit als ein wesentliches Element unseres Gesundheitswesens anzuerkennen und Versuche zu unterlassen, diese durch die Bevorzugung institutioneller Lösungen zu untergraben.
Berlin, den 20. Juni 2003
Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr, Helga Daub, Otto Fricke, Horst Friedrich, Rainer Funke, Joachim Günther, Dr. Karlheinz Guttmacher, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Jürgen Koppelin, Harald Leibrecht, Günther Friedrich Nolting, Eberhard Otto (Godern), Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion