Die Gesundheitspolitik der Europäischen Union

Gestaltungskompetenz des EU-Parlaments

2003 +++ Emilia Müller, Mitglied des Europäischen Parlaments +++ Quelle: Gesellschaftspolitische Kommentare Nr. 5, 2003, 26-28

Auszüge:

Seit ihrer Gründung hat sich die Gemeinschaft für den Erhalt der Gesundheit eingesetzt, wenngleich erst der Vertrag von Maastricht (1993) konkret den Schutz der menschlichen Gesundheit als Bestandteil der übrigen Politiken der Gemeinschaft festschreibt.

Mit Inkrafttreten des Vertrages von Amsterdam (1999) wurden die gesundheitspolitischen Kompetenzen der Gemeinschaft vorsichtig erweitert.

Trotzdem beeinflusst das Gemeinschaftsrecht die Gestaltung der nationalen Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten wesentlich. So sind beispielsweise Zulassung und Handel von Medikamenten EU-rechtlich ebenso geregelt wie die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen in medizinischen Berufen. Gemeinschaftsrecht gilt auch beim Arbeitsschutz und bei der Arbeitszeit.

Der Europäische Gerichtshof fällte schon 1998 richtungsweisende Urteile zur grenzüberschreitenden Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. Demnach gilt die im EG-Vertrag garantierte Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit auch für die Erstattungsfähigkeit von im EU-Ausland erworbenen Heilmitteln und für dort in Anspruch genommene Dienstleistungen. Damit hat der EuGH die rechtliche Grundlage für einen die Grenzen der Mitgliedstaaten übergreifenden Wettbewerb festgelegt.

Im Juni 2001 wurde die offene Methode der Koordinierung durch den Europäischen Rat von Göteborg auch auf das Gesundheitswesen ausgeweitet. In ihrer Mitteilung über ihre Umsetzung im Gesundheitsbereich vom Dezember 2001 schlägt die Kommission den Zugang zu medizinischer Versorgung und Altenpflege für alle, eine hohe Versorgungsqualität und die langfristige Finanzierbarkeit der Systeme als europäische Rahmenziele für die Gesundheitssysteme vor.

Für eine erfolgreiche Kooperation und für eine demokratisch legitimierte Beschlussfassung im Gesundheitswesen ist die Einbeziehung des Europäischen Parlaments in die Methode der offenen Koordinierung dringend erforderlich.

Das Europäische Parlament führt in seiner Entschließung über die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten vom Mai 2002 die Gesundheitspolitik unter dem Titel „Geteilte Zuständigkeiten“ an. Dabei stellt es fest, dass die Union hier „nur tätig werden kann, um das Handeln der Mitgliedstaaten zu ergänzen, wobei diese ihre gemeinrechtliche Zuständigkeit behalten“ (Bericht Lamassoure).