Allianz will gesunde Mischung aus PKV und GKV

Privater Versicherer versucht mit eigenem GKV-Finanzkonzept, Alternativen zur Bürgerversicherung zu entwickeln

2003 +++ Ärzte Zeitung +++ Quelle: ÄZ 05.11.03

Auszüge:

Mit einer Mischung aus umlage- und kapitalgedeckten Elementen will die Allianz Private Krankenversicherung das Krankenversicherungssystem reformieren. Volkswirt Professor Bernd Raffelhüschen, ehemals Mitglied der Rürup-Kommission, bewertet diesen Ansatz mit dem aktuellen Lieblingswort bundesdeutscher Politik: „nachhaltig“.

Das Allianz-Konzept folgt der Überzeugung, dass weder ein kapitalgedecktes noch ein umlagefinanziertes System in ihrer Reinform überlebensfähig und politisch durchsetzbar wären.

Mittlere Einkommen bleiben in der Umlagefinanzierung

Kern des Konzeptes ist deshalb die Idee, dass Versicherte mit einem Einkommen von bis zu 3825 Euro pro Monat im Umlagesystem bleiben, aber eine feste, einkommensunabhängige Prämie von 200 Euro pro Monat zahlen. Besserverdienende sollen dagegen gezwungen werden, eine private, kapitalgedeckte Police abzuschließen. Wegen dieser Versicherungspflicht will die Allianz im Gegenzug darauf verzichten, Risikoprüfungen durchzuführen und Risikozuschläge zu erheben.

Nebeneffekt: Die Alterungsrückstellungen, die eine private Versicherung für ihre Mitglieder bildet, wären leichter kalkulierbar und damit übertragbar. Ein Wechsel innerhalb des PKV-Systems wäre möglich.

Wie beim Prämienmodell von Altbundespräsident Roman Herzog und der CDU soll auch im Allianz-Gesundheitssystem der Sozialausgleich über Steuern erfolgen. Wenn die einheitliche Prämie 15 Prozent des Einkommens übersteigt, so die Forderung, gibt es einen Zuschuss aus dem Staatshaushalt. Insgesamt wären das 25 Milliarden Euro jährlich, rechnet die Allianz. Vorstandsvorsitzender Ulrich Rumm: „Ein Gesundheitssystem hat keinen Ausgleich zwischen arm und reich, sondern zwischen gesund und krank zu leisten.“

Mit ihrem Finanzierungsmodell will der private Krankenversicherer die Politik von der Idee abbringen, alle Bundesbürger in ein umlagefinanziertes System zu zwängen und damit den privaten Versicherern das Wasser abzugraben. Das von Regierungsberater Professor Karl Lauterbach entwickelte Modell einer Bürgerversicherung sei zwar ein geradezu genialer Schachzug „politischer Kommunikationsarbeit“, genüge aber den eigenen Ansprüchen nicht. Sie sei nicht demographieresistent und damit nicht nachhaltig, sagt Allianz-Vorstand Rumm.

Um das zu beweisen, gab die Allianz Professor Raffelhüschen den Auftrag, „sämtliche Finanzierungsmodelle auf Nachhaltigkeit“ zu prüfen.

Sein Ergebnis: Bleibt alles wie bisher, droht dem GKV-System der Zusammenbruch. Kommt die Bürgerversicherung, wird alles noch schlimmer. Lediglich die Kombination aus umlage- und kapitalgedecktem System sei zukunftsfähig, sagt Raffelhüschen zur Freude seines Auftragsgebers. Die Nachhaltigkeitslücke, die seinen Berechnungen zufolge bei heute 236,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes oder 4,8 Billionen Euro insgesamt liegt, würde auf 80,2 Prozent sinken. Als Nachhaltigkeitslücke bezeichnet Professor Raffelhüschen die Mehrbelastung für nachfolgende Generationen.

Mehr Wettbewerb soll letzte Finanzlücke schließen

Ganz schließen würde also auch die von der Allianz so gepriesene „Generationenversicherung“ die Lücke nicht. Deshalb fordert die Allianz, Wettbewerb innerhalb der GKV zu fördern und das PKV-System zu deregulieren. Erster Punkt dabei: die Überarbeitung der GOÄ.