Die Organisation des Arztberufes in Europa

Politische Vertretung in verschiedenen Medizinergruppen

2002 +++ T.E. Kennedy +++ Quelle: Gynäkologe 2002, 426-429

Zusammenfassung

In Europa besteht ein Netzwerk von Organisationen, die für den Berufsstand der Ärzte tätig sind. So vertreten acht Medizinergruppen die Interessen der Ärzte aus 15 Staaten der europäischen Union. Diese sind als wichtigste Organisationen anzusehen, die mit der politischen Vertretung der Mediziner gegenüber den europäischen Behörden befasst und als solche anerkannt sind. Dabei dient der CP das Standing Committee of European Doctors (Ständiger Ausschuss der europäischen Ärzte), als Dachverband erband der übrigen Verbände. So koordiniert er die gegenseitige Abstimmung der anderen sechs Gruppen, die die Fachärzte (UEMS), die Allgemeinmediziner (UEMO), die Assistenzärzte (PWG), die Oberärzte der Krankenhäuser (AEMH), die angestellten Ärzte (FEMS) und die medizinischen Ordensgemeinschaften (CIO) vertreten. Das europäische Forum der Medizinerverbände (EFMA / WHO) führt die meisten nationalen Medizinerverbände aus ganz Europa in einer halboffiziellen Struktur bei der WHO zusammen.

Medizinergruppen in Europa

Einige Leserinnen und Leser des UEMS-Kompendium werden möglicherweise erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass ein ausgesprochenes Netzwerk aus medizinpolitischen Organisationen für den Berufsstand der Mediziner in Europa tätig ist.

Der Berufsstand der Mediziner in den 15 Mitgliedstaaten der europäischen Union - und in einem gewissen Umfang auch in den EFTA-Ländern sowie in anderen europäischen Ländern - wird europaweit durch 8 Medizinergruppen politisch vertreten:

Neben den oben genannten Organisationen gibt es noch eine Reihe weiterer internationaler und europäischer medizinischer Gremien, die in Europa aktiv sind. Die genannten sind jedoch die wichtigsten, die die Interessen der Ärzte gegenüber den europäischen Behörden politisch vertreten und anerkannt sind.

Was häufig zur Verwirrung im Zusammenhang mit diesen Gremien führt, ist die augenfällige Diskrepanz zwischen ihren Bezeichnungen und den Akronymen, aus denen ihre Abkürzungen gebildet werden. Die meisten dieser Organisationen wurden in einer Zeit gegründet, in der die französische Sprache die anerkannte Verkehrssprache in Europa war. Inzwischen hat sich die englische Sprache praktisch den Rang der internationalen Verkehrssprache erworben. Darum gehen die Abkürzungen dieser Organisationen auf ihre ursprünglichen französischen Bezeichnungen zurück. Diese französischen Akronyme sind geblieben, während die englischen Bezeichnungen der Organisation verwendet werden, wenn man den Namen vollständig ausspricht. Beispielsweise wird CP (Comité Permanent ...) als Akronym gebraucht, wenn man vom ständigen Ausschuss der europäischen Ärzte spricht. Das Akronym „UEMS" hingegen funktioniert sowohl in Französisch als auch in Englisch.

Zwar ist jede dieser Organisationen unabhängig und steht für sich selbst, doch fungiert der CP als Dachverband, der den Berufsstand innerhalb der EU in Angelegenheiten vertritt, die für den Berufsstand der Mediziner insgesamt von Interesse sind.

Die World Medical Association (der Internationale Verband der Mediziner - WMA) verfügt auch über eine europäische regionale Sekretariatsstruktur, die allerdings schon seit einiger Zeit nicht aktiv ist, obwohl die WMA offizielle Beziehungen mit dem CP unterhält.

Eine weitere ehemals relevante Gruppe ist das Advisory Committee on Medical Training (der beratende Ausschuss für medizinische Ausbildung - ACMT), auch wenn dies weniger ein Fachverband als vielmehr ein offizielles Beratungsgremium ist, das durch die im Jahr 1975 durch den Europarat verabschiedeten Direktiven zur freien Ausübung der Tätigkeit von Ärzten (Direktive 93/16) ins Leben gerufen wurde.

Seit seiner Gründung besteht das ACMT aus 3 Vertretern und 3 Stellvertretern aus den Behörden, dem praktizierenden Ärztestand und der Universitäten in jedem Mitgliedstaat der EU. Dieser Ausschuss hat in den ersten etwa 20 Jahren seines Bestehens viele wichtige Verhandlungen geführt und zahlreiche wertvolle Berichte auf dem Gebiet der medizinischen Grundausbildung, der medizinischen Berufsausbildung, der medizinischen Fachausbildung und der medizinischen Weiterbildung verabschiedet.

Seit kurzem aber gibt es in der Kommission den Versuch, die verschiedenen Sektorenausschüsse abzuschaffen, die mit der Ausarbeitung von Direktiven für eine Reihe von medizinischen und Gesundheitsberufe entstanden sind. Die europäische Kommission hat diesen Schritt mit der ständigen Ausweitung der Union und den Ausgaben und administrativen Problemen begründet, die mit der Verwaltung so vieler großer Ausschüsse verbunden seien. Man geht davon aus, dass in Zukunft nur noch der medizinische Berufsstand selbst im ACMT vertreten sein wird. Folglich könnte man erwarten, dass die Rolle des CP sowie der UEMS und der UEMO - jedes auf seinem eigenen Ausbildungsgebiet - eine immer größere Bedeutung gewinnt. Eine offizielle Aussage der Kommission zu diesem Thema steht allerdings noch aus.

Neben den politischen Gremien gibt es natürlich auch noch verschiedene europäische Wissenschaftsgremien, die hier allerdings nicht besprochen werden sollen.

Die EU und Europa

Nur einer der oben genannten Ausschüsse - der CP - repräsentiert das gesamte Spektrum des medizinischen Berufsstandes in allen 15 Ländern der Union sowie Norwegens und Islands. Die Mitgliedschaft in der PWG und der UEMO steht qualifizierten nationalen Organisationen in allen europäischen Ländern offen, in der UEMO können die entsprechenden Organisationen aus den EU-Ländern und den EFTA-Ländern Mitglied werden.

„Der CP repräsentiert das gesamte Spektrum des medizinischen Berufsstandes in allen 15 Ländern der Union."

Derzeit repräsentiert keine Organisation den organisierten Berufsstand aller europäischen Nationen (die im Europarat repräsentiert sind - nicht mit dem Ministerrat der europäischen Gemeinschaft zu verwechseln). Das europäische Forum der Medizinerverbände (EFMA/ WHO), das auf einem Treffen zwischen dem europäischen Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation und Vertretern nationaler Medizinerverbände gegründet wurde, führt jedoch die meisten der nationalen Medizinerverbände aus ganz Europa - West-, Mittel- und Osteuropa in einer halboffiziellen Struktur bei der WHO zusammen.

Die Organisation und Vertretung des Berufsstandes in Europa spiegelt auch den Prozess der Veränderung wider, der sich in Europa seit 1989 mit dem Fall des eisernen Vorhangs vollzieht. Derzeit findet man die breiteste Vertretung in der PWG mit 24 Mitgliedsorganisationen und in der UEMS mit 20. Die UEMS ist die älteste dieser Organisationen.

Der CP als koordinierende Organisation

Der CP dient als Koordinierungsstelle bei der gegenseitigen Abstimmung zwischen den anderen 6 Gremien bezüglich Angelegenheiten, die für den Berufsstand als Ganzes relevant sind. Die übrigen Gruppen, die die Fachärzte (UEMS), die Allgemeinmediziner (UEMO), die Assistenzärzte (PWG), die Oberärzte der Krankenhäuser (AEMH), die angestellten Ärzte (FEMS) und die medizinischen Ordensgemeinschaften (CIO) vertreten, besitzen ebenfalls Verbindungen zu den EU-Behörden in Fragen, bei denen sich ein direkter Kontakt mit einer bestimmten Gruppe (beispielsweise den Fachärzten oder Allgemeinmedizinern oder Ärzten in der Ausbildung) als vorteilhaft erweisen würde. Darum hat sich die UEMS für bestimmte Situationen ihr Handlungsrecht vorbehalten, wie auch die UEMO und die PWG.

Die UEMS hatte schon immer eine besondere Beziehung zu dem oben erwähnten ACD~T unterhalten mit dem Ziel unterhalten, eine einheitliche Ausbildung von Fachärzten in Europa zu erreichen. Die UEMS ist aufgrund ihres einzigartigen Aufbaus - mit ihren zahlreichen Fachunterabteilungen und europäischen Vorständen - bestens dafür geeignet, sich mit Entwicklungen in der Ausbildung von Fachärzten zu befassen.

Kooperation unter den assoziierten Organisationen

Seit 1993 gibt es zwischen der Führung der CP und den sog. assoziierten europäischen Medizinergruppen regelmäßige Treffen, wo zu Angelegenheiten von gegenseitigem Interesse Gespräche geführt und Übereinstimmungen angestrebt werden, wie beispielsweise in Fragen der ständigen medizinischen Fortbildung, der Volksgesundheitsprogramme der EU, der Arbeitszeiten für Ärzte usw.

Diese Sitzungen wurden auf Initiative der UEMO begonnen. Ihr ehemaliger Präsident, Ole Asbjorn Jensen aus Dänemark, hatte in den ersten Jahren die Leitung. Gegen Ende der i99oer Jahre wurde die Zuständigkeit von der UEMS und ihrem derzeitigen Generalsekretär Cees Leibbrandt aus den Niederlanden übernommen. Das CP selbst spielt bei der Organisation und Förderung dieser Treffen eine immer wichtigere Rolle.

Das CP-Sekretariat in Brüssel

Im Jahr 1991 eröffnete der CP ein ständiges Sekretariat in Brüssel, wo es nach belgischem Recht niedergelassen ist. (Die UEMS, die im Jahr 1958 gegründet wurde - 1 Jahr vor dem CP -, hat ebenfalls eine ständige Vertretung in Brüssel.)

Man darf davon ausgehen, dass sich dies als eine entscheidende Entwicklung für den Berufsstand erweisen wird, da der Einfluss der EU auf Gebieten wächst, die nicht von vornherein als Bereiche für eine Zusammenarbeit in der Union vorgesehen waren. Ein solches Gebiet ist das der Gesundheit, das zunehmend von Interesse ist, selbst wenn - wie im Falle der gegenseitigen Anerkennung medizinischer Qualifikationen in Europa - einige Aspekte davon technisch in die Kategorie der freien Mobilität von Personen (freie ärztliche Tätigkeit), Gütern und Dienstleistungen fallen.

Ansprechpartner

Die Organisationen der verschiedenen Medizinergruppen in Europa können auf folgendem Weg erreicht werden:

Standing Committee of European Doctors (CP)
Avenue de Corthenberg, 66/2
B-1000 Brüssel, Belgien
Tel.: +32 2 732 7202
Fax: +32 2 732 7344
E-Mail: cp@euronet.be
Internet: http://www.cpme.be/

European Union of Medical Specialists (UEMS)
Avenue de la Couronne, 20
B-1050 Brüssel, Belgien
Tel.: +32 2 649 5164
Fax: +32 2 640 3730
Internet: http://www.uems.net

European Union of General Practitioners (UEMO)
Via il Prato 66
50013 Florenz, Italien
Tel.: +39 055 284011
Fax: +39 055 284038
E-Mail:
uemo@dada.it
Internet: http://www.uemo.org

Permanent Working Group of European Junior Doctors (PWG)
c/o Ordern dos Medicos
av. Almirante Gago Coutinho 151
P-1749-084 Lissabon, Portugal
Tel.: +35121842 7164
Fax: +35121842 7199
E-Mail:
pwg@ordernmedicos.pt
Internet: http://www.pwgeurope.org/

European Association of Senior Hospital Physicians (AEMH)
Tersteegenstraße 9
D-40474 Düsseldorf, Deutschland
Tel.: +49 21146 9915
Fax: +49 211470 73 19
E-Mail: secretariat@aemh.org
Internet: http://www.aemh.org/

European Federation of Salaried Doctors (FEMS)
59163, rue du Rochar
75008 Paris, Frankreich
Tel.: +33155 30 13 39
Fax: +33155 30 13 40
Internet: http://www.fems.net/

European Forum of Medical Associations/WHO (EFMA/WHO)
c/o International Division
British Medical Association BMA House/Tavistock Square
London WC1H 9JP, England
Tel.: +441449 673 008
Fax: +44171383 6644
E-Mail: arowa@bma.org.ukb
Internet: http://www.emsa-europe.org/partners/efma-who-structure.html

T.E. Kennedy Ph.D.
Head of International Department
Danish Medical Association,
Trondhjems Gade 9
DK-21 00 Kopenhagen