Mehr Markt erfordert starken Staat

Zur zukünftigen Finanzierung der Krankenversicherung

2002 +++ Klaus-Dirk Henke +++ Quelle: ifo Schnelldienst 17/2002, 10-14

Auszüge:


Ein Radikalmodell als Leuchtturm

Die Erosion auf der Einnahmenseite, der demographische Wandel und der medizinisch-technische Fortschritt stellen die wichtigsten Risiken für die zukünftige Finanzierung der Krankenversicherung dar. Hinzu tritt bei einer an Bedeutung gewinnenden europäischen Wettbewerbspolitik, die Unternehmenseigenschaft der Sozialversicherungsträger, die im Falle der gesetzlichen Krankenversicherungen vom europäischen Wettbewerbsrecht nicht mehr freigestellt werden können, und die mit zunehmender Liberalisierung einer Begründung als Ausnahmeregelung immer weniger standhalten.

Über einen langen Zeitraum soll ...  die Umlagefinanzierung in ein kapitalgedecktes System überführt werden:

Eine dynamische Grundversorgung auf nahezu derzeitigem Niveau ... mit individueller Nachfrage nach weiteren Leistungen im Rahmen der individuellen Lebensführung ...

Mehr Wettbewerb im gesamten System, vor allem aber in der Erbringung von Gesundheitsleistungen ...

Kontrahierungszwang für alle Versicherungen und Vermeidung von Risikoselektion durch Schadensausgleich; das heißt, keine Risikoüberprüfung bei Versicherungsbeginn und beim Wechsel der Versicherung.

Einführung von Kopfpauschalen für Erwachsene mit sozialem Ausgleich bei gleichzeitiger Abkopplung der Krankenversicherungsbeiträge von den Lohnkosten und Auszahlung der Arbeitgeberbeiträge.

Allmählich Abkehr... vom Umlageverfahren hin zu einer individuellen kapitalgedeckten Krankenversicherung (duales System) mit Anrechenbarkeit des angesparten Kapitals bei Wechsel der Versicherung.

In diesem europatauglichen Modell einer Mindestversicherungspflicht soll die GKV-Bevölkerung phasenweise in eine kapitaldeckte Versicherung überführt werden.

Weiten Teilen der Öffentlichkeit ist nicht bekannt, dass im Krankenhaussektor nahezu alle Planungskompetenzen in den Händen der Sozialministerien, also der Politik, liegen. Hierzu zählen u.a.

- die Krankenhausbedarfsplanung mit dem so genannten Sicherstellungsauftrag (Planungsbehörde);

- die Festlegung der Krankenhausträger, ihre Struktur und fachlichen Ausrichtung;

- die Gewährung von Investitionspauschalen für Neu- und Ersatzbauten, Erweiterung und Instandhaltung (Förderbehörde);

- die Aufsicht aller Krankenhäuser, also auch der eigenen kommunalen und Landeskrankenhäuser;

- die Aufsicht aller Krankenkassen

- der öffentliche Gesundheitsdienst und

- die Pflege- und Heimaufsicht.