Gegen das Monopol der KBV
2002 +++ Jost Brökelmann +++ Quelle: ambulant operieren 2/2002, 37Fast
alle Parteien (SPD, CDU, CSU, FDP) sowie die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften
haben sich gegen ein Fortbestehen des Monopols der KBV ausgesprochen. Auch wenn
der Vorsitzende der KBV Dr. Richter-Reichhelm dagegenhält, dass das Bundeskanzleramt
sowie das BMG die KVen nicht zerschlagen will, so sind dieses Durchhalteparolen.
Die jetzige Regierung will die KVen leben lassen - bis zur nächsten Wahl.
Die KVen stellen ein staatlich sanktioniertes Monopol der
niedergelassenen Ärzte dar. Wenn Krankenkassen untereinander in Wettbewerb
treten, dann muss ihr Gegenspieler im Gesundheitssystem, das sind die Leistungserbringer,
ebenfalls in Wettbewerb treten. Ein weiteres Argument gegen den Fortbestand des KV-Monopols
ist, dass die KVen ähnlich wie die Krankenkassen und die Ärzte nach europäischem
Wettbewerbsrecht Unternehmen sind. Das europäische Kartellrecht erlaubt
ein solches Monopol nicht, besonders nicht, wenn es staatlich unterstützt
ist. Bislang ist die Frage, ob KVen Unternehmen sind und kein Monopol bilden
dürfen, noch nicht endgültig vom EuGH entschieden worden. Es ist jedoch
zu erwarten, dass eine solche Entscheidung sich gegen ein staatlich unterstütztes
Monopol aussprechen wird. Es ist deshalb nur eine Frage der Zeit, wann das
Monopol bricht bzw. gebrochen wird. Wenn das KV-Monopol fällt, d. h. wenn den KVen der Sicherstellungsauftrag
entzogen wird, bricht das gesamte GKV-System wie bei einem Domino-Effekt
zusammen. Deshalb wird an diesem Monopol bis zur Bundestagswahl nicht gerührt
werden. Danach dürfte die Reform des GKV-Systems und in diesem Rahmen die
Frage des Monopols der KVen heftig diskutiert werden. Für uns politisch interessierte Ärzte ist es wichtig,
dass schon weit vor der Bundestagswahl diskutiert wird, welches Gesundheitssystem
wir in Deutschland und wahrscheinlich später in Europa haben sollen. Einige
zum Teil sehr vernünftige Vorschläge für die Reformen des Gesundheitssystems
liegen schon auf dem Tisch: Das Memorandum des BDA (Bundesvereinigung der
Arbeitgeber Verbände) Gesundheitswesen modernisieren und bezahlbar
machen, das Strategiepapier der BKK-Post Modernisierung der
gesetzlichen Krankenversicherung, und das Zukunftsmodell der Vereinenten
Krankenversicherung Kapitaldeckung im Gesundheitswesen. Auch
zu den europa-relevanten Aspekten der Gesundheitsreform gibt es Veröffentlichungen
(Oberender 2001, Brökelmann 2001). Um die Vorschläge für eine Gesundheitsreform beurteilen
zu können, müssen wir Ärzte unsere eigenen Ziele definieren. Diesbezüglich
möchte ich folgende Gesundheitsziele zur Diskussion stellen:
1.
Der Arzt soll die bestmögliche Behandlung seiner Patienten anstreben. Dieses
bedeutet auch, dass er die Qualität der Leistungen laufend verbessern muss.
Er ist es, der für die Qualitätskontrolle verantwortlich ist.
2.
Der Patient ist mündig und wird es in zunehmendem Maße werden.
3.
Die niedergelassenen Ärzte sind Freiberufler (Unternehmer) mit der Möglichkeit,
in ganz Europa tätig zu werden.
4.
Für den einzelnen Arztunternehmer wird das Unternehmensmanagement vor Ort
immer entscheidender werden.
5.
Niedergelassene Ärzte sind nicht
die Finanziers der Krankenkassen. Als freie Unternehmer müssen sie zunächst
an ihr eigenes Unternehmen denken und dann an einen sozialen Ausgleich.
6.
Ärzteverbände sollen als Interessenverbände möglichst groß sein, damit sie
politisches und wirtschaftliches Gewicht erlangen. Deshalb wäre zu diskutieren,
dass die KVen nach dem Ende des Sicherstellungsauftrages die Interessenvertretung
der Ärzte übernehmen.
7.
Für Ärzteverbände und Ärzte gilt europäisches Wettbewerbsrecht, welches
unter anderem besagt, Ärzteverbände keine Preise festsetzen dürfen. Deshalb
sollten die ärztlichen Gebühren nach einer staatlichen Gebührenordnung für
Ärzte (renovierte GOÄ), jedoch mit einem den Umständen entsprechenden Steigerungsfaktor
bemessen werden.
8.
Das DRG-System (DRG= diagnosebezogene Fallpauschalen) sollte sowohl auf
stationäre als auch auf ambulante Leistungserbringung ausgedehnt werden,
um dem Grundsatz Gleiche Vergütung für gleiche Leistung zu genügen.
Für obige Ziele ist es nicht notwendig, dass der Sicherstellungsauftrag
bei den KVen verbleibt, Deshalb sollten wir Ärzte die Flucht nach vorne
ergreifen: Wir Kassenärzte sollten den Gesetzgeber bitten, den Sicherstellungsauftrag
zurückzunehmen. Dann wird es zur großen Diskussion kommen, wie eine zukünftiges
Gesundheitswesen aussehen soll. Dieses Gesundheitssystem sollten wir selbst
aktiv mitgestalten.
Wenn die Mehrzahl der im Gesundheitssystem aktiven Organisationen das Ende
des KV-Monopols wünscht, so muss dieses gewichtige Gründe haben. Wir Ärzte
müssen uns als Zwangsmitglieder der KVen ernstlich fragen, wie lange wir
noch auf evtl. verlorenem Posten kämpfen sollen.