In
einer bemerkenswerten Expertise widerspricht der Bonner Rechtsanwalt Dr. Pflugmacher
der Meinung des Bundessozialgerichtes vom 14.03.2001, dass der Vertragsarzt
sämtliche Leistungen, zu deren Erbringung er aufgrund der fachlichen
Kompetenz und aparativen Ausstattung in der Lage ist, auch GKV-Versicherten
anbieten muss und diese nach den Bestimmungen des EBM abzurechnen hat. Pflugmacher
stellt die Frage, ob das BSG mit dieser Entscheidung Rechtsschutz oder aber
Systemschutz gewährt hat. Pflugmacher führt aus, dass weder die
Vorschriften des SGB V noch diejenigen der Zulassungsverordnung für Ärzte,
der Bedarfsplanungsrichtlinien oder anderer untergesetzlicher Normen oder
Normverträge Vorschriften enthalten, die ein Leistungsbeschränkungsrecht
des Vertragsarztes ausschießen. "Die Rechtspflicht von Vertragsärzten,
am Sicherstellungsauftrag ihrer Kassenärztlichen Vereinigung mitzuwirken,
hängt unmittelbar davon ab, dass die KV die betreffenden Einzelleistungen
so vergütet, wie es das Gesetz vorschreibt," so Pflugmacher. "Eine
nicht einmal kostendeckende Vergütung - wie sie bei einigen Leistungen
des ambulanten Operierens festzustellen sein dürfte - ist nicht angemessen.
Nach der gesetzlichen Wertung ist somit die unrentable Vergütung einzelner
Leistungen - entgegen der Auffassung des Bundessozialgerichts - ein Umstand,
der nach §13 Abs. 6 BMV-Ä zur Ablehnung der vertragsärztlichen
Behandlung berechtigt." Eine Gefährdung des Sicherstellungsauftrags
durch Ausgliederung einzelner Leistungen durch einzelne Praxen sei schlechterdings
nicht begründbar. So urteilte das BSG am 17.09.1997 (BSG E 81,86,93)
"Der Vertragsarzt ist nicht gehalten, alle im Rahmen seines Fachgebietes
zulässigerweise erbringbaren, im EBM als abrechnungsfähig bezeichneten
Leistungen in seiner Praxis vorzuhalten, um sie im Einzelfall bei entsprechender
medizinischer Indikation einsetzen zu können." Den ambulanten Operateuren
sagt Pflugmacher: "Da mit der Zulassung als Vertragsarzt nicht feststeht,
dass dieser Arzt - auch - ambulante Operationen durchführen wird, so
kann er Leistungen des ambulanten Operierens - selbst wenn er diese zunächst
gegenüber GKV-Versicherten erbracht hat - später wieder aus seinem
vertragsärztlichen Angebot herausnehmen."
Pflugmacher vermutet, dass
der 6. Senat mit seiner Entscheidung eine Diskriminierung der Versicherten
der GKV unterbinden wollte. "Man wird aber hinterfragen dürfen,
ob die - angebliche - Diskriminierung nicht systemimmanente Gründe hat:
Weshalb ist die effektive Vergütung nach GOÄ höher als die
nach EBM? Zahlen PKV-Versicherte höhere Beiträge und rechtfertigt
dies ein 'mehr' an Leistung? Wäre die Frage der 'Diskriminierung' anders
zu beurteilen, wenn jeder zwischen gesetzlicher und privater Versicherung
frei wählen könnte? ... Wenn sich aus rechtlich zulässigem
Verhalten der Vertragsärzte eine 'Diskriminierung' oder die Befürchtung
einer solchen ergibt, so ist nicht der Arzt, sondern der Gesetzgeber hierfür
verantwortlich."
Prof. Dr. Jost Brökelmann