Europäisches Parlament empfiehlt amtliche Honorare für freie Berufe

Nur amtliche Gebührenordnungen verletzen das europäische Kartellrecht nicht

2001 +++ Europäisches Parlament +++ Quelle: Beschluß vom 05/04/2001

Auszüge aus dem Beschluss B5-0247/2001:

... in der Erwägung, dass freie Berufe als einer der Pfeiler des Pluralismus und der Unabhängigkeit in der Gesellschaft Aufgaben im öffentlichen Interesse wahrnehmen ...

... in der Erwägung, dass nach der Rechtssprechung des Gerichtshofs Rechtsanwälte und dementsprechend andere freie Berufe Unternehmen sind, die den Wettbewerbsregeln unterworfen sind ...

... in der Erwägung, dass es den Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht verboten ist, verbindliche Honorare festzulegen...

Das Europäische Parlament

... vertritt die Ansicht, dass die freien Berufe Ausdruck einer auf dem Recht beruhenden demokratischen Grundordnung und insbesondere ein wesentlicher Faktor der europäischen Gesellschaften und Gemeinschaften in ihren verschiedenen Ausprägungen sind ...

... vertritt die Ansicht, dass nur verbindliche Honorare, die von Berufsverbänden bezw. Vereinigungen aller Mitglieder eines bestimmten Berufsstandes festgelegt wurden, je nach den Umständen als von Unternehmensvereinigungen gefasste Beschlüsse betrachtet und den Wettbewerbsregeln unterworfen werden können;

... vertritt die Auffassung, das die Mitgliedstaaten befugt sind, unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls (und nicht nur des Wohls des jeweiligen Berufstands) verbindliche Honorare festzulegen und die hohen moralischen, ethischen und Qualitätsstandards zu schützen...

... fordert die Kommission auf, im Rahmen der neuen Binnenmarktstrategie für den Dienstleistungssektor die noch bestehenden Hemmnisse für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen rasch zu analysieren und abzubauen...

Kommentar

In Deutschland bestehen 1. eine amtliche Gebührenordnung (GOÄ) sowie 2. der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM). Der EBM ist eine Gebührenordnung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Krankenkassen, die beide nach europäischem Recht als Unternehmen einzustufen sind und damit europäischem Kartellrecht unterliegen. Ob sie verbindliche Honorare festlegen dürfen, ist sehr zweifelhaft (s. oben).

Das europäische Parlament hat nun die Mitgliedstaaten aufgefordert, amtliche Gebührenordnungen zu erstellen, damit die hohen Qualitätsstandards in den freien Berufen gewahrt werden. Für uns Deutsche bedeutet dieses, dass wir den EBM in eine neue amtliche Gebührenordnung GOÄ inkorporieren sollten. Dabei könnten die Erfahrungen, die die KBV mit der Erstellung des neuen EBMplus gewonnen hat, durchaus eingebracht werden.

Zu den Eckpunkten einer neuen GOÄ könnten u.a. gehören: