Die Struktur des deutschen Gesundheitswesens ist obsolet

Gutachten des BMWi stellt System in Frage

2000 +++ Jost Brökelmann +++ Quelle: ambulant operieren 4/2000, 188

In einem wohl einmaligem Vorgang hält der Wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) in dem Gutachten "Aktuelle Formen des Korporatismus" (2000) einem Nachbarministerium, dem Ministerium für Gesundheit (BMG), den Spiegel vor und kommt zu dem Schluss, dass die Grundkonstruktion unseres deutschen Gesundheitswesens, nämlich die gemeinsame Selbstverwaltung von Krankenkassen und Kassenärzten, einem Wettbewerb entgegensteht und sehr wohl zum Schaden des Gemeinwohls führen kann.

Dieses ist ein vernichtendes Urteil über das deutsche Gesundheitssystem. Wir Ärzte, die wir in diesem System groß geworden sind, können uns mehrheitlich gar nicht vorstellen, dass das System obsolet ist, nur weil es keinen Wettbewerb zulässt. Dieser Wettbewerb ist jedoch die Grundlage des zukünftigen Europas. Es wird den Deutschen gar nichts anderes übrigbleiben, als ihr System von Grund auf zu ändern, damit es zukunftsweisend ist. Der Europäische Gerichtshof und auch deutsche Gerichte haben eindeutig geurteilt, dass die Krankenkassen Unternehmen sind und als solche europäischem Kartellrecht unterliegen. Das deutsche Gesundheitswesen muss sich an europäischen und internationalen Strukturen orientieren und diese übernehmen. Die Übernahme des australischen Fallpauschalensystems (AR-DRG = Australian Refined Diagnosis Related Groups) ist der erste Schritt in diese Richtung. Die deutschen Selbstverwaltungsorgane haben keinen Platz im neuen Europa, wir sollten sie möglichst bald durch international bewährte Systeme ersetzen.